Die Philologische Bibliothek  der Freien Universität Berlin. Der Sammlungsschwerpunkt liegt auf den Philologien. Das Bibliotheksgebäude wurde von Norman Foster entworfen und 2005 eröffnet
Die Freie Universität Berlin hat im Exzellenz-Wettbewerb des Bundes und der Länder dreimal erfolgreich abgeschnitten. Als Ergebnis des jüngsten Wettbewerbs unter den deutschen Universitäten, der „Exzellenzstrategie“, wird sie als Teil der Berlin University Alliance von 2019 an dauerhaft gefördert, Bildquelle: David Ausserhofer

Wohin geht die Reise nach einem BWL-Bachelor?

Nach dem Abschluss eines BWL-Bachelors stehen viele Studierende vor einer wichtigen Entscheidung: Direkt in den Beruf einsteigen oder noch ein Masterprogramm absolvieren? Gerade für diejenigen, die sich auf Unternehmensrechnung, Wirtschaftsprüfung, Finanzierung, Steuerlehre oder Consulting spezialisiert haben, kann diese Wahl entscheidend für die weitere berufliche Entwicklung sein. Wir haben mit Professor Dr. Klaus Ruhnke der FU Berlin darüber gesprochen, warum es sich lohnen könnte, die Ausbildung durch ein weiterführendes Studium zu vertiefen und warum ein breit angelegter Masterabschluss in Bereichen wie Finance, Accounting und Taxation so wertvoll sein kann.

Der Einstieg in den Arbeitsmarkt: Chancen und Herausforderungen
Studierende mit Interesse in den Bereichen Unternehmensrechnung, Wirtschaftsprüfung, Finanzierung, Steuerlehre und Consulting stehen nach einem betriebswirtschaftlichen Bachelorabschluss vor der Ent­schei­dung, direkt in die berufliche Praxis einzusteigen oder noch ein Masterprogramm zu absolvieren. Ein Berufseinstieg mit einem Bachelorabschluss bereitet derzeit keine Probleme. Allerdings zeigen z.B. die jüngeren Entlassungswellen bei einigen Prüfungs­gesell­schaften, dass eine gute Ausbildung eine Investition für das gesamte berufliche Leben ist, da zu erwarten ist, dass Arbeitgeber sich zunächst von weniger gut qualifizierten Mitarbeitern trennen. Daher sollten Studierende nicht dem kurzfristigen finanziellen Anreiz eines beruflichen Einstiegs folgen, sondern die fachlichen und methodi­schen Kennt­nisse in einem spezialisier­ten Masterprogramm vertiefen.

Masterprogramme: Spezialisierung oder breitere Perspektiven?
Ein solches spezialisiertes Masterprogramm sollte bereits erlangte Kenntnisse und Fähig­keiten in den interessierenden Bereichen vertiefen. Allerdings darf die Spezialisierung nicht zu eng angelegt sein. Im Bereich Wirtschafts­prüfung ist eine breit angelegte Ausbildung wichtig, weil der Prüfungs­gegenstand und die Prüfung selbst zunehmend komplexer und interdisziplinärer werden. Bei­spielsweise erlangen quantitative Analyse­verfahren durch den Einsatz von Data Ana­lytics und KI-gestützten Verfahren zunehmend an Bedeutung. Daher gilt es, Problem­lösungs­­fähigkeiten zu vermitteln, welche es erlauben, auch neue Prob­leme und Fragestellun­gen zu versteh­en, zu analy­sieren und erfolgreich zu lösen. Folglich sind MINT-Qualifikationen und WP-Kompetenzen gepaart mit Soft Skills und Kommu­nika­tions­fähig­keiten zunehmend wichtig.

Demnach bereitet ein breit angelegtes Masterstudium besser auf die Herausforderungen und Tätigkeiten in der Wirt­schafts­prüfung vor als ein Ansatz, der primär die Inhalte des WP-Examens fokussiert, wie z.B. ein Masterstudium nach § 8a WPO, welches sehr stark verschult ist und kaum Freiräume bietet. Zudem binden sich die Studierenden durch die hohen Studienge­büh­ren, die oftmals anteilig von den Prüfungsgesellschaften übernommen werden, an die WP-Gesellschaften. Für eine breitere Ausrichtung im Master spricht auch, dass sich das Berufsbild des Wirtschaftsprüfers in einem Wandel befindet, der zunehmend den Einsatz heterogen zusammengesetzter Teams sowie Spezialisten (z.B. Bauer et al., Con­tem­porary Accounting Research 2019) mit unter­schied­­­­­lichen Skills erfordert. Auch auf diese spannen­den Schnittstellentätigkeiten sollte ein Studium vorbereiten.

♥ Vier Departments im Bereich BWL und ein Department im Bereich VWL sowie eine enge Zusammenarbeit mit der juristischen Fakultät bieten den Studierenden viele Themen und Kombinationsmöglichkeiten.
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♥ Als Volluniversität bietet die Freie Universität an elf Fachbereichen und vier Zentralinstituten mehr als 150 Studiengänge in einem breiten Fächerspektrum.
Bildquelle: Michael Fahrig

♥ Internationale Impulse prägen die Forschung und das studentische Leben an der FU Berlin. Als internationale Netzwerkuniversität lebt die Freie Universität von ihren vielfältigen Kontakten zu Hochschulen und Organisationen im In- und Ausland.
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Die Zukunft der Wirtschaftsprüfung: Chancen und Herausforderungen
Dies soll die Qualifikation als Wirtschaftsprüfer nicht in Frage stellen. Im Gegenteil, wir spre­chen hier über eines der spannendsten Berufsbilder, auch wenn dies von den Studierenden nicht immer dergestalt wahrgenommen wird. Für die Generationen Y und Z ist eine Identifikation mit der eigenen Tätigkeit von entscheidender Bedeutung. Als Wirtschaftsprüferin agiert man im Interesse der Öffentlichkeit, indem man Finanz- und Nachhaltigkeitsinformationen überprüft und deren Glaubwürdigkeit sicherstellt. Dieser Aspekt sollte in der Kommunikation mit den neuen Generationen stärker hervorgehoben werden. Positiv ist, dass der Einsatz digitaler Technologien Berufseinsteigerinnen zukünftig von mechanischen und routinemäßigen Aufgaben entlasten wird. Dies bedeutet, dass sich der Fokus künftig verstärkt auf komplexe und herausfordernde Tätigkeiten verlagert, die professionelles Urteilsvermögen erfordern und den Berufsnachwuchs mit attraktiven Perspektiven locken. Ein Beispiel dafür ist die Rolle generativer KI, wie etwa ChatGPT, die die Prüfungsprozesse verändern könnte – auch wenn damit auch erhebliche Herausforderungen verbunden sind. Ein jüngstes Beispiel zeigt, wie ein Anwalt in den USA sich auf falsche Präzedenzfälle verließ, die von ChatGPT erstellt wurden. Meiner Einschätzung nach wird die Zahl der Wirtschaftsprüfer*innen zwar sinken, jedoch werden die Tätigkeitsfelder zunehmend interessanter und anspruchsvoller.

Die vielseitigen Karrieremöglichkeiten nach dem WP-Examen: Zumeist außerhalb der Prüfung!
Zudem ist vielen Studierenden oft nicht bewusst, dass ein Einstieg in eine Prüfungsgesellschaft und das Absolvieren des WP-Examens nicht nur auf eine Karriere als Wirtschaftsprüfer*in vorbereitet, sondern auch vielfältige Möglichkeiten in der freien Wirtschaft eröffnet. Weltweit üben nur 45 % der Personen mit einer Wirtschaftsprüfer-Qualifikation tatsächlich diesen Beruf aus (IFAC 2015). Die Nachfrage nach Wirtschaftsprüferinnen in der freien Wirtschaft ist jedoch hoch, wie eine aktuelle Studie zeigt: Dem Volatility Report 2023 zufolge besitzen inzwischen 38,1 % der Finanzvorstände weltweit eine Wirtschaftsprüfer-Qualifikation (Christ | Kolder, 2023). In Deutschland eröffnet die Einführung eines Syndikus-WP künftig die Möglichkeit, in einem Unternehmen tätig zu sein, ohne die Berufsbezeichnung „WP“ als Qualifikationsmerkmal zu verlieren.

Ein breit ausgerichtetes Masterstudium erfordert zwar einen hohen persönlichen Einsatz, bietet jedoch ein deutlich größeres berufliches Spektrum und eine verbesserte Work-Life-Balance. Im Folgenden werden zwei zentrale Vorteile eines solchen Masterprogramms, wie das an der FU Berlin angebotene FACTS-Masterprogramm (Finance, Accounting, Taxation & Supplements), im Vergleich zu einem stark auf das WP-Examen spezialisierten Studiengang näher beleuchtet: die Forschungsorientierung und der Auslandsaustausch.

Picture of Prof. Dr. Klaus Ruhnke – high potential-Netzwerkpartner an der FU Berlin

Prof. Dr. Klaus Ruhnke – high potential-Netzwerkpartner an der FU Berlin

Klaus Ruhnke hat in den Bereichen Konzernrechnungslegung und Wirtschaftsprüfung promoviert und habilitiert. Er ist Mitherausgeber mehrerer Lehrbücher, teilweise vom Verband der Hochschullehrer*innen für Betriebswirtschaft (VHB) mit dem „Best Textbook Award“ ausgezeichnet. In seinen jüngeren Forschungsarbeiten stehen u.a. die International Financial Reporting Standards (IFRS), Audit Data Analytics, die Nutzung von Umweltdaten in der Abschlussprüfung, die Investor Relations-Arbeit sowie der Einfluss von Emotionen auf das prüferische Handeln im Mittelpunkt.

Bildquelle: Peter Himsel

Forschungsorientierung als wertvolles Asset im beruflichen Alltag
Die starke Forschungsorientierung des FACTS-Masterprogramms kommt den Studierenden zugute, da sie in Seminar- und Abschlussarbeiten selbständig in prüfungsnahen und verwandten Bereichen forschen. Das Programm ist empirisch ausgerichtet, wodurch Studierende insbesondere Kompetenzen im Bereich Data Analytics entwickeln können. Sie haben Zugriff auf eine Vielzahl an Unternehmens- und Finanzdatenbanken wie DAFNE, EIKON und Audit Analytics. Darüber hinaus bietet die statistische Beratungseinheit fu:stat nicht nur Schulungen, sondern unterstützt Studierende auch individuell bei ihren Abschlussarbeiten.
Weiterhin lernen die Studierenden aus den aktuellen For­schungs­­­akti­vitäten der Lehrenden und haben so „die Hand am Puls der Zeit“. Zu nennen sind z.B. eine kürzlich durchgeführte Interview­studie zum Einsatz des Prüfungs­risiko­modells in der Prüfungspraxis, eine auf Inter­views und Experimenten basierende Studie zum Einfluss von Emotionen auf das prüferische Handeln und eine expe­ri­mentelle Studie, die zeigt, wie kog­nitive Verzerrungen in Gestalt von Rechtfertigungs­effekten die Durch­führung von Wert­min­derungstests gem. IAS 36 beein­flussen. Stu­die­ren­­de können auch an der FACTS-Forschungs­werkstatt sowie dem juristischen Angebot des FU Empirical Legal Studies Center (FUELS) teilnehmen. Dort werden neue Forschungs­arbei­ten im kleinen Kreis vorgestellt und diskutiert, zuletzt mit Schwer­punkt Sustainability Reporting.

Internationale Lernreise – das Austauschprogramm
Im Auslandssemester verbessern die Studierenden nicht nur ihre Fremdsprachen­kenntnisse, sie erwerben wichtige Soft Skills, sammeln internationale Team­erfahrung und unternehmen erste Schritte zur Erschließung eines globalen Netzwerks. Inso­fern ist die internationale Lernreise absolut wertvoll. Der Austausch wird durch unser Inter­national Office begleitet und von den meisten Studierenden einer Kohorte wahrgenommen. Dort erbrachte Studien­leistungen erkennen wir nach vorheriger Absprache im FACTS-Master­programm an, so dass der Studienverlauf auch in zeitlicher Hinsicht nicht beeinträchtigt wird. Die Partner­schaften mit den ausländi­schen Universitäten wurden exklusiv für den FACTS-Master auf­grund von inhaltlichen Schwerpunkten der Master­studiengänge, guten Studien­bedin­gungen sowie hoher Reputation geschlossen. Zu den 21 Universitäten zählen u.a. HEC Paris, Vrije Universiteit Amsterdam, Universität St. Gallen, NHH Bergen, Peking University und Singapore Management University.

Ohne Praxisorientierung geht es nicht!
Obwohl der Bereich Betriebswirtschaftslehre an der FU Berlin im Vergleich zu anderen Uni­versitäten relativ klein ist und im FACTS-Masterprogramm jedes Jahr nur ca. 40 Studierende aufgenommen werden, belegen wir laut einer Befragung von fast 500 Personalern in Deutsch­land Rang 4 der besten Fachbereiche für Betriebswirtschaftslehre. Als zentrale Eigenschaften der Bewerber*innen wurden u.a. Persön­lichkeit, Kommunikations- und Analysefähigkeit sowie lösungsorien­tiertes Denken genannt (Employer-Branding-Beratung, 2024). Im Bereich Wirtschaftsprüfung gehören wir lt. Manager Magazin 2024/2025 zu den besten Hochschulen Deutschlands. Hierzu ein Partner einer Second-Tier-Gesell­schaft: „Hier wurde der Grundstein für meine berufliche Entwicklung gelegt. Das Studium vereint fundiertes Fachwissen und metho­dische Lösungsansätze mit dem notwendi­gen Praxisbezug.“

Fazit: Fortsetzung der Lernreise durch einen fachlich nicht zu eng spezialisierten Masterstudiengang
Wohin die Reise nach dem BWL-Bachelor gehen sollte, lässt sich naturgemäß nicht pauschal beantworten. Aber es sprechen gute Gründe dafür, die Ausbildungsreise nicht zu beenden, sondern durch einen fachlich nicht zu eng spezialisierten Masterstudiengang fortzuführen.

Prof. Dr. Klaus Ruhnke, Freie Universität Berlin, FACTS-Department, Studiengangskoordinator FACTS-Masterprogramm

Bachelor-Programm
Bachelor of Science in Betriebswirtschaftslehre
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Masterstudiengang "FACTS"
Master in Finance, Accounting & Taxation (FACTS)
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