„Ich bin schwul und das ist auch gut so“ – vor 20 Jahren sagt Klaus Wowereit, damals SPD-Kandidat für das Amt des Regierenden Bürgermeisters in Berlin, den wohl wichtigsten Satz seines Lebens. Was dieser Moment für unseren Kollegen Harald König bedeutet und wie Vielfalt bei KPMG gelebt wird, erfährst Du hier.
Harald, erzähl, wie bist Du zu KPMG gekommen und was machst Du dort?
Ich habe Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim studiert und dort, nachdem ich 1997 bei KPMG angefangen habe, im Jahr 2002, mein Wirtschaftsprüferexamen abgeschlossen. Jetzt bin ich Leiter unserer Grundsatzabteilung für Prüfungsmethodik und Partner bei KPMG. Außerdem bin ich, weil mir Menschen sehr wichtig sind und weil ich immer wieder beeindruckt bin, wie wir mit unserer Vielfältigkeit zum Erfolg unserer Projekte beitragen, Koordinator des Pride@KPMG-Netzwerks. Das ist unser LGBT*IQ-Netzwerk der globalen KPMG-Organisation.
Was bedeutet Vielfalt für Dich im Unternehmensumfeld?
Vielfalt ist für mich der beste Hedge gegen Stillstand und Ideenlosigkeit. Und ich sehe es jetzt mal wirklich aus der Perspektive sowohl des Berufslebens als auch im Sinne der Betriebswirtschaft. Es macht einen enormen Unterschied, ob ich als Mensch auf die Arbeit komme und ich mich 100 Prozent an Bord fühle, mit allem was mich ausmacht – einschließlich meiner geschlechtlichen und sexuellen Identität – oder, ob ich auf die Arbeit komme und hinter einer Maske leben muss. Das wirkt sich einfach auf die Leistung und die Freude aus. Es ist anstrengend, Teile seiner Persönlichkeit verstecken zu müssen. Es war und ist mir sehr wichtig zu fragen: Sind mein Arbeitgeber:in und mein Arbeitsumfeld so beschaffen, dass ich mich outen kann? Und ich persönlich darf sagen: Ja, bei KPMG konnte ich das und habe immer einen positiven und wertschätzenden Umgang erlebt – mit mir als Mensch, aber auch als Mitarbeiter.
Auf der betriebswirtschaftlichen Ebene bedeutet es, dass man auf eine größere Zahl an Lösungsalternativen zugreifen kann. Wenn man sich also mit einem nie da gewesenen Problem konfrontiert sieht oder wenn es eine unabsehbare Veränderung am Markt gibt, hat man eine größere Grundgesamtheit an Ideen, über die man nachdenken kann. Verschiedene Lösungsalternativen entwickeln und offen darüber diskutieren zu können, ist ein klarer Vorteil, auf dem unter anderem der Erfolg unseres Unternehmens fußt.
Welche Rolle spielt Netzwerkarbeit?
Netzwerkarbeit gewährleistet Sichtbarkeit. Und da würde ich gerne ein wenig ausholen und über Klaus Wowereit sprechen. Der hat eine Sache gemacht, die mich bis heute fasziniert. Klaus Wowereit hat 2001 in der Wahlkampfrede, als er Regierender Bürgermeister von Berlin werden wollte, folgenden Satz gesagt: „Und ich bin schwul und das ist auch gut so“. Das ging durch alle Medien wie eine Rakete. Er hat alle mit seiner Offenheit entwaffnet und sich als schwuler Mann in einem politischen Umfeld positioniert. Für die Community war das ein Segen, doch danach blieb eine weitere Entwicklung leider aus. Was ich daraus für mein eigenes Engagement innerhalb und außerhalb meines Berufslebens gelernt habe: Gesellschaftlicher Wandel geschieht nicht von selbst und nichts von dem Erreichten ist jemals sicher. Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir uns aktiv positionieren, dass Vielfalt kontinuierlich sichtbar wird und bleibt. Dabei spreche ich nicht nur von der LGBT*IQ-Community. Es gibt bei KPMG neben dem Pride@KPMG-Netzwerk viele weitere Netzwerke der Vielfalt, bei denen man sich als Mitarbeiter:in engagieren kann. Da gibt es zum Beispiel die Netzwerke „KNOW“ und „KNOW Young“ , die erfahrenen und jungen Frauen eine Plattform geben, in Kontakt zu treten und sich auszutauschen oder das Netzwerk „Cosmopolitans“, um den kulturellen Austausch unter den Mitarbeitenden und Offenheit gegenüber verschiedenen Kulturen und Religionen zu fördern. Das jüngste Netzwerk bei KPMG ist ein Netzwerk für soziale Herkunft. Diese Dimension der Vielfalt wurde auch offiziell von der Charta der Vielfalt, einem Arbeitgeberverbund für Chancengleichheit, als siebte Vielfaltdimension anerkannt. Schlussendlich ist Netzwerkarbeit für mich Ausdruck gesellschaftlicher Verantwortung, die weit über die Grenzen des Unternehmens selbst wirksam ist.
»Die Unternehmen, die wir beurteilen, haben Transparenz zu erfüllen im Hinblick auf Umwelt, Soziales und Good Governance – gute Unternehmensführung. Darunter fällt auch das Thema Diversity. «
Und wie passt da die Wirtschaftsprüfung rein?
Am Beispiel der Netzwerkarbeit sieht man bereits, dass Wirtschaft und Gesellschaft untrennbar miteinander verwoben sind. Und natürlich haben wir als Wirtschaftsprüfer:innen, je nach Prüfungsumfang, den gesetzlichen Auftrag, genau das zu prüfen: Die Unternehmen, die wir beurteilen, haben Transparenz zu erfüllen im Hinblick auf Umwelt, Soziales und „Good Governance“ – gute Unternehmensführung. Darunter fällt auch das Thema Diversity. Außerdem ist es für uns wichtig, Stellung zu beziehen. Das ist tief in den Werten, die Teil der Unternehmenskultur von KPMG sind, verankert. So wissen nicht nur wir, sondern auch andere wofür wir stehen.
Hattest Du bezüglich Deiner sexuellen Orientierung schonmal ein Erlebnis in Deinem Arbeitsalltag, das Dir besonders in Erinnerung geblieben ist?
Da gibt es nicht viel, aber eine Sache fällt mir ein. Es war nach einem Pitch bei einem Kunden. Und zu einem relativ frühen Zeitpunkt in dieser Kundenbeziehung sind wir in sehr persönlichen Smalltalk übergegangen. Ich habe mir für mich die Regel gesetzt, dass ich niemanden bewusst im Unklaren darüber lasse, dass ich schwul bin. Und daher habe ich in dieser Situation mit dem Kunden, nachdem ich gefragt wurde, was meine Frau zu den langen Arbeitszeiten sage, geantwortet: „Ja, die Arbeitszeiten sind lang. Das findet mein Mann manchmal auch nicht so gut.“ Die Reaktion würde ich als verständnisvoll mit einer kleinen Denkpause beschreiben. Der Respekt, mit dem ich im weiteren Gesprächsverlauf behandelt wurde, erfuhr in meiner Wahrnehmung einen zusätzlichen positiven Touch, etwa nach dem Motto, „Respekt, dass er das in dieser Runde gesagt hat.“ Wichtig war für mich in diesem Moment, dass ich dort gemeinsam mit meinen KPMG-Kolleg:innen war, die von meiner Situation wussten. Das hat mir damals Rückhalt gegeben – und die Kraft mit Selbstverständlichkeit darüber zu sprechen.
Apropos, lange Arbeitstage – wie findest Du Deinen persönlichen Ausgleich zum Alltag eines Wirtschaftsprüfers?
Seit knapp vier Jahren bin ich begeisterter CrossFit-Anhänger. Es ist ein super Ausgleich zum Arbeitsalltag und macht sehr viel Spaß. Was mir besonders daran gefällt: Man muss kein:e Leistungssportler:in sein, um damit anzufangen. Fit wird man, indem man sich von der Community mitreißen lässt und einfach mitmacht! Inzwischen habe ich sogar eine Trainerqualifikation und bin nebenberuflicher Coach – was mich besonders glücklich macht, weil ich nie gedacht hätte, das jemals zu machen. Das gilt eigentlich für das Meiste, was ich hier erzählen darf. Nach meiner Erfahrung ist es immer die Gemeinschaft, die scheinbar Umögliches möglich macht.