Gerade den Abschluss in der Tasche und direkt rein in den Job! Wenn es denn mal so einfach wäre … Viele Absolventen machen sich heutzutage Sorgen, wenn sie an ihre berufliche Zukunft denken. Dabei geht es oft nicht einmal um die Angst vor dem geringen Gehalt, sondern darum, dem Druck während der Bewerbungsphasen und des Berufseinstiegs standzuhalten.
Dennoch ist der gelungene Berufseinstieg kein Buch mit sieben Siegeln, sondern lässt sich mit Pragmatismus und Spaß bei der Sache gut meistern. Am wichtigsten ist, dass du genau weißt, auf was für einen Job du dich bewirbst. Die Stellenausschreibung allein ist nur eine grobe Skizze deiner zukünftigen Tätigkeit. Wenn du wissen willst, woran du arbeiten sollst, musst du zusätzliche Recherche betreiben. Mittlerweile gibt es einige Portale, die dir bei der Orientierung helfen, indem sie konkrete Einstiegsstellen bei Unternehmen vorstellen. Die Portale www.hitech-campus.de oder auch www.juniorconsultant.net sind nur zwei Beispiele.
Außerdem solltest du dich gedanklich darauf vorbereiten, dass es unter Umständen nicht reicht, lediglich zwei bis drei Bewerbungen rauszuschicken, um den Traumjob zu landen. Umso essenzieller ist es, sich mit jedem einzelnen Unternehmen auseinanderzusetzen – auch dann schon, wenn es um deinen Lebenslauf und das Anschreiben geht. Laut der JobTrends-Studie von 2017 sortieren zwei Drittel aller Unternehmen deine Bewerbung direkt aus, sollten darin zum Beispiel Rechtschreibfehler enthalten sein – ein echter Klassiker.
Dazu kommt die große Frage nach der besten Präsentation deiner Unterlagen: Gerade, wenn man sich ohnehin schon Sorgen macht, ausreichend qualifiziert zu sein oder mit anderen Bewerbern mithalten zu können, tendiert man vielleicht dazu, den Lebenslauf mit einem auffälligen Design aufzuwerten oder sich besonders viel Mühe mit den Formulierungen im Anschreiben zu geben. Als Bewerber solltest du allerdings eher daran arbeiten, gerade deine Qualifikationen und deine Besonderheiten hervorzuheben – Personaler gaben bei der JobTrends-Studie an, in 75 Prozent der Fälle als allererstes auf deinen Lebenslauf zu schauen! Dementsprechend entwertet wird auch das Anschreiben, das bei manchen Stellenausschreibungen gar nicht mehr angefordert wird.
Gerade deshalb empfiehlt es sich, einen persönlichen Kontakt zu etablieren, damit du dich außerhalb deiner Unterlagen präsentieren kannst. Wenn du noch keine Praktika in dem Unternehmen gemacht hast oder als Werkstudent gearbeitet hast und auch sonst mit niemandem gesprochen hast, hole das auf jeden Fall nach, bevor du „einfach nur“ deine Bewerbung einreichst. Das Leben und die Geschäftsprozesse werden massiv durch die Digitalisierung geprägt, daher sind Bewerbungsprozesse bei Arbeitgebern stark automatisiert. Wenn du vorher einen persönlichen Eindruck durch einen freundlichen Anruf hinterlässt oder sogar ein Gespräch unter vier Augen führen kannst, erinnern die Personalentscheider sich auf jeden Fall eher an dich. Menschen wählen Menschen aus – also präsentiere dich als solcher und nicht als ein Stapel Papier. Messen können zum Beispiel ein guter Anlaufpunkt sein, um sich ungezwungen vorzustellen – vielleicht sogar mit einer Initiativbewerbung, falls es gerade keine ausgeschriebenen Stellen gibt. Auch hier gilt: Vorab-Recherchen machen das Leben leichter.
Viele Unternehmen schätzen es besonders, wenn Bewerber sich unter Beweis stellen wollen, obwohl gerade nicht nach neuen Mitarbeitern gesucht wird. Immerhin zeigt das von besonderem Interesse für gerade diesen Arbeitgeber und räumt die unterschwellige Annahme aus, dass man sich einfach ‚für irgendetwas‘ bewirbt. Aber Achtung: Bei Initiativbewerbungen ist Individualität besonders wichtig.
Schließlich gilt es ja ebenso herauszufinden, ob das Unternehmen auch zu dir passt. Darüber solltest du gerade dann nachdenken, wenn du über das erste Gespräch hinaus bist und vielleicht sogar ein Angebot von einem Arbeitgeber bekommst, bei dem du einen Studentenjob hast. Denn selbst in Studienrichtungen, in denen der Berufseinstieg auf den ersten Blick sehr leicht erscheint, achten Absolventen oft nicht genug darauf, was sie sich eigentlich von einem Job erhoffen. Das weiß vor allem Prof. Dr. Čadež, Lehrstuhl für Immobilienwirtschaft und Bauorganisation an der Technischen Universität Dortmund: „Studierende stehen schnell unter Druck, bei dem Unternehmen zu bleiben, bei dem sie gerade ein Praktikum machen, obwohl es nicht ihren Vorstellungen entspricht. Offene Kommunikation ist hier essenziell, um dem Arbeitgeber auch die eigenen Wünsche zu vermitteln.“
Um die richtig hervorzuheben, führt aber letzten Endes alles auf deinen Lebenslauf zurück. Wofür du dich begeisterst und was deine Leidenschaften sind, kannst du nämlich gerade durch solche studentischen Tätigkeiten sehr gut nachweisen. Für die meisten Personaler sind deine Praktika und Werkstudententätigkeiten sogar noch wichtiger als deine Abschlussnote! Achte dabei aber trotzdem auf eine gewisse Geradlinigkeit. Eine völlig wahllose Sammlung an Arbeitserfahrung wird dir nicht viel nützen – deine Praktika sollten einigermaßen aufeinander aufbauen, dem sogenannten roten Faden folgen. Natürlich kannst du dich ausprobiert haben, aber dabei muss immer eine Weiterentwicklung erkennbar sein. Das kann später insbesondere dann hilfreich sein, wenn du dich auf Stellen von Unternehmen bewirbst, für die du schon einmal gearbeitet hast. Am allerwichtigsten ist dabei: Lass dir nach jedem Praktikum unbedingt ein qualifiziertes Arbeitszeugnis ausstellen!
Dadurch kannst du die Kompetenzen, die du in einem Anschreiben erklärst, noch einmal hervorheben lassen und deinem zukünftigen Arbeitgeber zeigen, warum du besonders gut auf eine Stelle passt. Spätestens im Vorstellungsgespräch geht es nämlich vor allem um deine Stärken – dazu gehört auch dein Charakter. Dabei mag die allseits beliebte Frage nach deinen fünf größten Stärken und Schwächen vielleicht ein Klischee sein – doch im Arbeitsleben vor allem für dich essenziell! – Bist du hartnäckig genug, um deine Ziele zu erreichen und kannst du auch einmal die Ellenbogen ausfahren? Versuche, hier wirklich hervorzuheben, was du besonders gut kannst und greife nicht auf Plattitüden zurück oder halte dich zu klein. „Vor allem der Vergleich mit anderen Berufseinsteigern verunsichert Absolventen schnell. Zum Beispiel, wenn es um Verdienstwunsch oder Leistungen geht“, erklärt Prof. Dr. Čadež. „Dabei geht es vielmehr darum, an den Aufgaben im Unternehmen zu wachsen und Freude an den Herausforderungen zu haben. Der entscheidende Faktor für spätere Karrieremöglichkeiten ist schließlich, dass andere dich und deine persönlichen Stärken zu schätzen wissen.“
Das Thema Selbstbewusstsein spielt also eine große Rolle. Jeder will bei neuen Arbeitgebern punkten, indem er besonders extrovertiert und ehrgeizig auftritt, aber wenn du das nicht bist, wirkt es schnell aufgesetzt. Wenn du eine Maske trägst, überzeugst du deine Gesprächspartner nicht. Natürlich solltest du beim persönlichen Gespräch trotzdem etwas aus dir herauskommen, aber setze hier vor allem auf deine Persönlichkeit und nicht auf falsche Selbstsicherheit, die du dir aus zehn verschiedenen Ratgebern zusammengebastelt hast. Du wirst keinen Erfolg in einem Unternehmen haben, in dem man dich und deine Persönlichkeit nicht richtig wahrnimmt, zu schätzen oder einzusetzen weiß. Dafür kannst aber umso höher fliegen, wenn dein Chef gleich von Anfang merkt, dass du sehr gut für die Stelle geeignet bist.
Dabei darf man sich auch durch Stressfragen nicht aus der Ruhe bringen lassen. Es kommt durchaus einmal vor, dass ein Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch vermeintlich unliebsame Fragen stellt oder ein Experte mit am Tisch sitzt, um deine fachliche Qualifikation zu testen. Merke dir deshalb: Wenn du es einmal ins Vorstellungsgespräch geschafft hast, gilt es, sich auf Augenhöhe kennenzulernen. Die HR-Verantwortlichen haben dich schließlich eingeladen, was heißt, dass sie neugierig geworden sind. Überzeuge sie von dir! Stressfragen bieten dabei sogar oft mehr Gelegenheiten als man denkt. Fragt die Chefin dich also danach, ob deine Qualifikationen ausreichen oder was für Gehaltsvorstellungen du hast, geht es auf keinen Fall darum, dich zu rechtfertigen. Vielmehr ist es eine Chance, dich auch unter Druck zu beweisen. Gleichzeitig kannst du dabei auch selbst das Verhalten deines Arbeitgebers besser einschätzen, um herauszufinden, ob ihr auf einer Wellenlänge seid.
Schließlich ist besonders ein Faktor bei der Jobsuche am wichtigsten: Die Harmonie zwischen dir und deinem zukünftigen Arbeitgeber. Es gilt also: Ruhe bewahren und nicht zu viel Druck aufbauen!
Wenn du Vertrauen in dich und deine Qualifikation hast, findest du früher oder später auf jeden Fall den richtigen Einstieg. Prof. Čadež rät Absolventen, den Berufseinstieg nicht zu stark zu überbewerten: „Selbst, wenn die erste Berufsentscheidung auf den ersten Blick nicht optimal ist. Du wirst für gut 40 Jahre im Arbeitsleben stehen – da ist noch reichlich Platz für Korrekturen und Verbesserungen!“ Stell dich also nicht selbst infrage, sondern überlege lieber, was genau du willst und suche nach Unternehmen, die diese Wünsche mit dir teilen.
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Text von Alma Landsberger