„Die WP-Branche hat die einmalige Chance, zu den maßgeblichen Treibern unserer Zeit zu werden“
Für Studierende ist es in technologisch sehr dynamischen Zeiten wie diesen nicht einfach, sich für eine Berufsplanung vorzubereiten, in der heute an der Hochschule vermitteltes Wissen morgen in der Praxis möglicherweise schon keine Relevanz mehr haben könnte. Deshalb haben wir an unserem WP-Roundtable Vertreter:innen aus Wissenschaft und Praxis versammelt: Auf der einen Seite am Tisch sitzt Andrea Bruckner, Co-CEO von BDO – mit über 3.000 Mitarbeitenden alleine in Deutschland eine der führenden WP-Gesellschaften. Auf der anderen Seite sitzen Professor Dietmar Fink und Bianka Knoblach von der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Management und Beratung. Alle drei beantworten Fragen unserer Leserschaft, die wir zuvor in unseren studentischen Netzwerken gesammelt haben.
→Yannick fragt: „Frau Bruckner, ich habe in diesem Jahr über das Manager Magazin zum erstem Mal von Herrn Professor Finks Studie zu Deutschlands besten Wirtschaftsprüfern erfahren. Decken sich die für Sie sehr positiven Ergebnisse mit den eigenen Einschätzungen, wie gut Ihre Teams gearbeitet haben?“
Andrea Bruckner: BDO ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. Wir gewinnen spannende neue Kundinnen und Kunden mit immer neuen Themen für uns – das sind tolle Rückmeldungen zu uns und unserer Arbeit. Aber natürlich ist ein direktes Feedback von Kundinnen und Kunden dazu, wie sie uns sehen, immer etwas ganz Besonderes. Uns ist Qualität in unserer Arbeit immens wichtig – da lese ich ein so gutes Feedback natürlich besonders gerne. Meine tägliche Arbeit reflektiert die hohe Bedeutung, die Qualität für uns hat. Wir haben in allen Bereichen engagierte und motivierte Kolleginnen und Kollegen, die jeden Tag Höchstleistungen erbringen – ganz egal in welchem Bereich.
→Yannick erbittet dazu Einblicke in die Studie von Bianka Knoblach und Dietmar Fink: „Nachdem lange gegolten hatte, dass die Big 4 dem Rest des WP-Feldes fast Lichtjahre enteilt waren, sehen die in Ihrer Studie befragten Entscheider BDO in relevanten Segmenten schon heute auf Augenhöhe mit den Großen. Was hat BDO aus Ihrer Sicht sehr gut gemacht?“
Bianka Knoblach: Wir beobachten im Verfolgerfeld der Big 4 zwei strategische Cluster: Das eine hat sich auf den Weg gemacht, die Big 4 auch bei großen Prüfmandaten zu attackieren. Dazu zählen beispielsweise Grant Thornton, RSM Ebner Stolz und auch BDO. Wobei BDO etwas früher mit dieser Strategie gestartet ist – was ihnen jetzt einen gewissen Vorsprung verschafft. Das zweite Cluster sind Firmen wie Rödl oder Möhrle Happ Luther, die, so haben wir den Eindruck, eine ganz andere Strategie eingeschlagen haben. Sie fühlen sich im Mittelstand zuhause und festigen dort ihre Position als kompetenter und kulturell passender Partner. Ambitionen, die Big 4 im DAX anzugreifen, sehen wir bei diesem Cluster nicht.
Dietmar Fink: Das ist bei BDO fraglos anders. Dass sie es wollen und dass sie es können, das haben sie nicht zuletzt bei SAP unter Beweis gestellt. Wichtig und richtig ist es dabei, dass es BDO gelingt, in die erste Liga der Prüfmandate vorzustoßen, ohne das ganz besondere Gespür für die speziellen Bedürfnisse mittelständischer Mandanten zu vernachlässigen. Dass es zum Problem werden kann, wenn man hier nicht das nötige Fingerspitzengefühl beweist, bekommen die Big 4 momentan beim Thema ESG zu spüren. BDO hingegen gelingt es aus unserer Sicht ganz hervorragend, diesbezüglich eine gute Balance zu halten.
→Yannick fasst nach: „Und welches sind ansonsten die zentralen Erkenntnisse Ihrer Studie?“
Bianka Knoblach: Für großen Wirbel in der Wirtschaftsprüferbranche hat ganz fraglos das von uns in diesem Jahr zum ersten Mal aufgestellte Ranking zu den ESG-Kompetenzen der führenden WP-Gesellschaften geführt. Auch wir an unserem Institut waren vom Ergebnis mehr als überrascht: Anders als in allen anderen Kompetenzfeldern landen keine Big 4-Gesellschaften auf den ersten Plätzen, sondern zwei Firmen aus dem Kreis der sogenannten Next 10: Rödl & Partner auf Rang 1 und BakerTilly auf Rang 2. Ihnen sprechen die von uns befragten Führungskräfte im ESG-Bereich – also zu Themen rund um Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und guter Unternehmensführung – die größte Kompetenz zu.
„Die ESG- Bereiche der führenden WP sollten ganz oben auf der Karriereliste stehen“
– Bianka Knoblach
Dietmar Fink: Natürlich wollten wir wissen, wie es zu diesem Urteil gekommen ist. Und wir haben nachgefragt. Vor allem Führungskräfte aus dem Mittelstand sagen uns, dass sie sich beim Thema ESG bei den Big 4 nicht wirklich wohlfühlen. Im Gegenteil: Manche meinen sogar, die Big 4 hätten ihnen das ungeliebte ESG-Reporting durch ihre politischen Verflechtungen ja eigentlich mit eingebrockt. Und nun gebaren sie sich als Vollzugsbeauftragte. Viele fühlen sich überfordert mit der Fülle an neuen Regularien, die man ihnen aus ihrer Sicht nun überstülpt.
Bei DAX-Unternehmen ist die Wahrnehmung übrigens eine ganz andere. Dort vertraut man auch beim Thema ESG auf die Big 4. Vielleicht mag das auch daran liegen, dass DAX-Unternehmen bereits von den Big 4 zu ESG-Themen begleitet werden. Im Mittelstand geht das große Geschäft ja erst noch los. Insofern kann es gut sein, dass nun auch die Big 4 den Mittelstand stärker in den Blick nehmen und wir in der nächsten Runde unserer Studie schon wieder ein ganz anderes Bild beobachten können.
→Maria geht auch auf die Studie ein: „Welche Rückschlüsse lassen sich aus ihr ziehen in Hinblick auf ein geändertes Anforderungsprofil an Studierende?“
Dietmar Fink: Die ESG-Thematik stellt an Wirtschaftsprüfer und damit auch an Nachwuchskräfte, die in diese Branche einsteigen, ganz neue Anforderungen. Plötzlich ist neben klassischen Bilanzierungsthemen ein ganzer Strauß neuer Kompetenzen gefragt. Kompetenzen, die neben betriebswirtschaftlichen auch ingenieur- und naturwissenschaftlichen Sachverstand erfordern.
Bianka Knoblach: Das Thema ESG wird von den führenden Wirtschaftsprüfern doch ganz großartig gespielt. Über das ESG-Reporting findet man schnell den Einstieg in begleitende Beratungsmandate – auch und vor allem in Konkurrenz zu McKinsey, BCG und Bain. Und damit ändert sich das oft zitierte Erbsenzähler-Image der Branche ganz fundamental. Plötzlich steht man an vorderster Front der Nachhaltigkeitstransformation. Wenn ich heute noch einmal jung wäre und im Hinblick auf die Klimathematik etwas in der Wirtschaft bewegen wollte, stünden die ESG-Bereiche der führenden Wirtschaftsprüfer ganz oben auf meiner Karriereliste. Dort wird in den nächsten Jahren die wirkliche Transformation mitgestaltet. Und nicht nur geredet.
→Lara möchte gerne von Frau Bruckner wissen: „Sie verantworten das Geschäft von BDO. Können Sie mir verraten, was dabei die größten Herausforderungen sind?“
Andrea Bruckner: Als Co-Vorstandvorsitzende besteht das Tagesgeschäft aus Führung und Entscheidungen. Durch die Bandbreite meines Vorstandsressorts bin ich in die Tagesarbeit vieler Kolleginnen und Kollegen eingebunden. Es sind gerade die jeweiligen Entscheidungen, die ein gutes Gespür für die von BDO betreuten Projekte benötigen. Jede Entscheidung bedarf der Einarbeitung in die relevante Themenstellung, die Erfassung der wichtigsten Aspekte und die Beurteilung der Auswirkungen auf das tagtägliche Arbeitsgeschehen. Zudem schafft die Verantwortung für die digitale Transformation, aber auch unser integriertes Managementsystem – dazu gehören etwa unser Qualitäts-, Risiko- und Informationssicherheitsmanagementsystem – die Notwendigkeit, sich täglich mit Strukturen, Prozessen und Inhalten aller Geschäftsprozesse zu beschäftigen und diese weiterzuentwickeln.
Die Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin Andrea Bruckner (Bild) ist Co-CEO von BDO.
Sie trägt die vorstandsseitige Verantwortung für sämtliche internen Bereiche, die digitale Transformation und die Nachhaltigkeit der Gesellschaft. Darunter fallen auch das Qualitäts-, Informationssicherheits- und Risikomanagementsystem.
→Lara hat eine konkrete Frage zu ihrer Berufsplanung: „Karrierepfade werden in der Regel immer vertikal aufgezeigt. Bietet BDO mir auch eine horizontale Karriere, wenn ich als Wirtschaftsinformatikerin gerne operativ arbeite, aber nicht zwingend „up“ gehen muss – oder bin ich dann schnell „out“?“
Andrea Bruckner: Hier gehen wir bei BDO einen anderen Weg, denn mit einer Frage wie dieser sind Sie nicht allein. Wir haben in diesem Jahr daher ganz bewusst ein neues Karrierestufenmodell eingeführt, das solche Wünsche aufgreift. Neben der klassischen Führungskarriere („People Track”) haben wir eine Fachkarriere („Expert Track”) etabliert, sowohl für unsere fachlichen Kolleginnen und Kollegen in der Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung und Advisory als auch für unsere administrativen Bereiche. Diese beiden Karrierewege bedeuten jedoch nicht, dass beim „People Track“ keine fachliche Qualifizierung oder beim „Expert Track“ keine Führungsexpertise notwendig sind. Die Schwerpunktsetzung ist nur eine andere. Das Modell gibt Raum für die individuelle und flexible Gestaltung der Karrierewege und fördert die jeweiligen Stärken und Interessen. Bei beiden Karrierewegen gibt es verschiedene Karrierestufen, die erreicht werden können. Die Wertigkeit der Karrierestufen ist bei beiden Optionen gleich.
→Ein Einwurf von Chris: „Mein Berufsziel Wirtschaftsprüfung steht fest. Mein Ziel ist es, von den Besten zu lernen, weswegen Ihre Studie für mich sehr hilfreich bei der Auswahl meines favorisierten ersten Arbeitgebers ist. Nun lese ich aber, dass teilweise ganze Teams die Gesellschaften verlassen, was mich natürlich verunsichert. Warum ist derzeit so viel Bewegung im Markt?“
Bianka Knoblach: Ihre Beobachtung teile ich voll und ganz. Es tut sich momentan so einiges im Markt. Das hat einerseits mit den politischen Rahmenbedingungen zu tun – vor allem die Rotationspflicht hat dazu beigetragen, dass sich einige Beraterteams neu orientiert haben. Wenn man für einen bisherigen Beratungskunden in Zukunft die Bücher prüft, reduziert sich die Aussicht auf neue Beratungsaufträge ganz von selbst. Da setzt der Gesetzgeber enge Grenzen.
Andererseits hat die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die das Prüfmandat abgeben muss, meist großes Interesse, die weggefallenen Umsätze durch Beratungsaufträge zu kompensieren. Jetzt darf sie das ja. Aber ihr fehlen die passenden Mitarbeiter. Da ergibt sich schnell eine Win-win-Situation für wechselbereite Berater und WP-Gesellschaften, die neues Beratungs- geschäft aufbauen wollen. Das ist der eine Grund dafür, dass so viel Bewegung im Markt ist. Der andere ist eher hausgemacht.
Nehmen wir zum Beispiel EY. Erst der Wirecard-Skandal, dann das unvermittelt gestoppte Everest-Projekt, das eine Aufspaltung in zwei Firmen vorsah: eine Prüfungsgesellschaft und eine Beratungsgesellschaft. Der Reputationsschaden durch Wirecard hat es vielen guten Teams von EY nicht leicht gemacht, sich am Markt zu behaupten. Auch dann, wenn sie mit dem Skandal persönlich gar nichts zu tun hatten. Und dann hängt man ihnen die Everest-Karotte vor die Nase – nur, um diese ganz schnell wieder einzukassieren. Dass gute Leute da anfangen, nach Alternativen Ausschau zu halten, wundert mich nicht. Und EY ist zwar der öffentliche Schauplatz solcher Begebenheiten, aber auch bei anderen Firmen läuft hinter den Kulissen nicht immer alles ganz rund.
→Franka möchte wissen: „Wenn ich mir die Aussagen von Professor Fink ansehe, hat BDO beste Chancen, mit den Big 4 zu konkurrieren. Wo sehen Sie die wichtigsten Wachstumsfelder für BDO?“
Andrea Bruckner: Ein wichtiger Wachstumstreiber ist aktuell der technologische Wandel, insbesondere bei der generativen KI. Das betrifft unsere Kundinnen und Kunden genauso wie uns bei unserer Dienstleistungserbringung. Unsere Kundinnen und Kunden sehen sich durch diesen technologischen Wandel, aber auch durch Nachhaltigkeitsthemen, einer Transformation ihrer Geschäftsmodelle ausgesetzt. Die Beratung bei dieser Transformation ist für uns eines der wesentlichen Wachstumsfelder. Als Sparringspartner stehen wir mit interdisziplinären Teams bereit.
Zudem verändern wir natürlich auch unsere eigenen Dienstleistungsangebote. Neben der weiteren Technologisierung bestehender Dienstleistungen entwickeln wir eigene KI-basierte Dienstleistungen oder bieten unseren Kundinnen und Kunden die Expertise unserer KI-Spezialistinnen und -Spezialisten zur Lösung spezifischer Herausforderungen an. Damit bieten wir vielfältigen Berufsprofilen interessante Einsatzgebiete bei uns an. Natürlich möchten wir aber ganz bewusst auch den Werdegang als Wirtschaftsprüferin und Wirtschaftsprüfer attraktiv machen.
„BDO sucht den oder die ‚Auditor oder Tax Advisor of the Future’“
– Andrea Bruckner
→Die Redaktion: Welche Mitarbeitenden wünschen Sie sich in Zukunft?
Andrea Bruckner: Die Zukunft gehört nach meiner Überzeugung denjenigen, die offen für Neues sind und Digitalisierung leben. An der Schnittstelle zwischen neuen digitalen Möglichkeiten und solidem Expertenwissen entstehen neue Anforderungsprofile und Entwicklungsmöglichkeiten für Prüferinnen und Prüfer sowie Beraterinnen und Berater von morgen. Deshalb sucht BDO den oder die „Auditor oder Tax Advisor of the Future”. Spannende Aufgaben für diese Kolleginnen und Kollegen gibt es dabei wahrlich mehr als genug. Aktuell wird das Thema Nachhaltigkeit immer relevanter: durch die EU-Taxonomie, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das Gesetz zur Umsetzung der CSRD sowie Offenlegungsverordnungen.
Im Bild: Professor Dietmar Fink ist Inhaber der Professur für Unternehmensberatung an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg und Wissenschaftlicher Direktor der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Management und Beratung (WGMB).
Bianka Knoblach ist Geschäftsführende Direktorin der WGMB und leitet das Deutsche Institut für Beratungswissenschaften in Berlin. Sie lehrt an verschiedenen Hochschulen in den Bereichen Organisationspsychologie und Beratung.
→Hanna fragt in die Runde: Welchen Einfluss hat die KI heute auf die Arbeit in WP-Gesellschaften und wie wird sie dadurch möglicherweise interessanter?
Dietmar Fink: Repetitive Tätigkeiten werden in Zukunft immer mehr in die Hände der KI wandern. Dadurch werden Kapazitäten frei, um sich mit Zukunftsthemen zu befassen, die unsere Wirtschaft und unsere Gesellschaft in den kommenden Jahren ganz maßgeblich prägen werden. ESG zählt dazu, auch Cybersicherheit, der Einsatz von KI auf Mandantenseite genauso wie geopolitische Fragestellungen.
Die Wirtschaftsprüferbranche hat gerade die einmalige Chance, bei all den Fragen mitzuwirken, die zu den maßgeblichen Treibern unserer Zeit zählen.
Andrea Bruckner: Dem stimme ich zu. Der Einsatz moderner technischer Assistenzsysteme nimmt bei der Abschlussprüfung immer mehr Routineaufgaben ab. Dadurch können sich Prüferinnen und Prüfer stärker auf die wichtigen Bereiche der Abschlussprüfung konzentrieren, die Fachwissen und Erfahrung erfordern. Somit liegen die größten Chancen in der Nutzung von KI in der Abschlussprüfung darin, die Prüfungsqualität und -effizienz zu steigern und das Berufsbild moderner und attraktiver zu machen. KI ist hilfreich, um mit der steigenden Datenmenge in Unternehmen Schritt halten zu können.
In den Beratungsbereichen nutzen wir Technologien ebenfalls zur Unterstützung der Beraterinnen und Berater bei der Tagesarbeit, insbesondere auch, um fachliches Wissen schnell und hochwertig verfügbar zu haben. Wir entwickeln aber auch eigene KI-Lösungen für die spezifischen Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden. Wir haben KI-Spezialistinnen und -Spezialisten, die passgenaue Lösungen zusammen mit und für Kundinnen und Kunden entwickeln.
Da Methoden- und Technologiekompetenzen immer wichtiger werden, braucht es in der Wirtschaftsprüfung und Beratung ein breites Spektrum an Fähigkeiten, um den Anforderungen gerecht zu werden. Die Berufsbilder verändern sich dadurch stark. Wichtig ist aber: KI wird Abschlussprüferinnen und Abschlussprüfer oder Beraterinnen und Berater nicht ersetzen. Ihre Expertise wird in Zukunft sowohl fachlich als auch technologisch für Unternehmen wichtiger sein, als je zuvor.
→Tim fragt die Wissenschaft: „Als Consulting-Lehrstuhl werden Sie darauf achten, dass Sie Themen behandeln, die in der WP-Praxis Anwendung finden. Wie bleiben Sie bei einem derart dynamischen Thema wie KI State-of-the-Art in der Lehre?“
Dietmar Fink: Natürlich ist es auch für uns als Forschungsinstitut nicht ganz leicht, mit solchen Entwicklungen Schritt zu halten. Wir tun dies einerseits durch einen permanenten Austausch mit den wichtigsten Wirtschaftsprüfern und Beratern, zum anderen durch Kooperationen auf Hochschulebene. Zu den Einflüssen der KI auf die Managementberatung zum Beispiel haben wir ein kooperatives Forschungsprogramm mit der Universität Potsdam aufgesetzt, die ja unter anderem die Heimat des Hasso-Plattner-Instituts ist, eines der weltweit führenden Exzellenzzentren für IT.
Bianka Knoblach: Die künstliche Intelligenz wird die Beratungsbranche vollkommen umkrempeln. Repetitive Tätigkeiten werden schon jetzt mehr und mehr durch spezielle künstliche Intelligenzen gestützt. Ein Businessplan etwa muss nicht mehr unbedingt mühsam in Excel ausgearbeitet werden. Das kann die KI einem abnehmen. Wichtig wird es in Zukunft, so mit der KI zu interagieren, dass diese zu einem wirklichen Helfer wird. Die KI kann viel – aber man muss wissen, wie man ihr sagt, was sie tun soll. Ich glaube übrigens nicht, dass wir in Zukunft viele KI-Software-Neuentwicklungen von Beratern sehen werden. Viele haben da ja in den vergangenen Jahren Unsummen investiert. Ich glaube eher, dass es auf Standardlösungen hinauslaufen wird – in der Beratung und auch in der klassischen Wirtschaftsprüfung.
„Die KI wird die Beratung vollkommen umkrempeln“
– Bianka Knoblach
→Eine Frage von Sherman an Frau Bruckner: „Die Arbeitswelt wird flexibler. Wie gehen Sie bei BDO mit den Erwartungen junger Einsteiger:innen dahingehend um und wie tragen Sie dem Wunsch nach einer stärkeren Selbstbestimmtheit Rechnung?“
Andrea Bruckner: Uns als Arbeitgeber immer wieder selbst zu hinterfragen und daraus resultierend neu und zukunftsorientiert – und damit auch flexibel – aufzustellen, ist Teil unseres Selbstverständ- nisses. Wir sind diesbezüglich also im Wandel und auf dem Weg. Bei BDO gibt es eine Employer Value Proposition, die gemeinsam mit unserer Kultur den Rahmen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorgibt – unter anderem auch den Rahmen, Tätigkeiten so weit wie möglich individuell nachzugehen. Wir vertrauen unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und glauben, dass sie ihre Arbeit gut machen – und dass sie selbst entscheiden können, wo sie ihre Arbeit am besten machen. In Bezug auf diese Themen sind wir auf dem Weg – und ich finde auf einem guten Weg – um unsere ambitionierten Ziele zu erreichen.
→Sherman erbittet Einschätzungen zum Purpose in der WP-Branche: „Für mich kann eine Arbeit nur erfüllend sein, die auch einen Sinn und Mehrwert für die Gesellschaft bringt. Wo sehen Sie diesen in der Wirtschaftsprüfungsbranche?“
Dietmar Fink: Auch ich glaube, dass es nie verkehrt ist, wenn man im eigenen Tun einen tieferen Sinn erkennen kann. In vielen Beratungs- und WP-Gesellschaften findet in dieser Hinsicht bereits seit einiger Zeit ein gewisses Umdenken statt. Im Vordergrund steht nicht mehr allein das wirtschaftliche Resultat, es wird auch immer stärker auf die Folgen für die Gesellschaft geachtet. Auch über formale ESG-Kriterien hinaus.
Grundsätzlich kann eine Tätigkeit als Berater oder Prüfer auch losgelöst davon sehr erfüllend sein – denkt man beispielsweise an Sanierungsberater, die Unternehmen vor der Insolvenz, Unternehmer vor dem Verlust ihres Lebenswerks und Angestellte sowie ihre Familien vor der Arbeitslosigkeit und dem finanziellen Ruin bewahren. Oder wenn Sie einem Unternehmen einen guten Weg in eine prosperierende Zukunft weisen. Wenn Arbeitsplätze entstehen, Wohlstand geschaffen wird – das kann schon ein gutes Gefühl sein.
→Bea zum Thema Gender Diversity: „Frauen sind in der Branche der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zumindest in Führungspositionen eher die Ausnahme als die Regel. Was tut BDO, um Frauen auf ihrem Karriereweg zu unterstützen?“
Andrea Bruckner: Uns ist die Förderung aller Kolleginnen und Kollegen auf ihrem individuellen Karriereweg wichtig. Frauen stehen bei BDO alle Türen offen, auf jedem Level. Wenn ich in unser Organigramm schaue, sehe ich dort an einer Vielzahl von entscheidenden Stellen Kolleginnen.
Das geht bei Teamleiterinnen und Abteilungsleiterinnen los und setzt sich fort bis zu unseren Fachbereichsleitungen, Kolleginnen, die als Regional Managing Partner tätig sind, und geht bis zu mir an der Spitze des Unternehmens.
Und übrigens, auch in unserem Aufsichtsrat zeigt sich das – sechs der zwölf Mitglieder sind Frauen.
Da uns bewusst ist, dass wir in bestimmten Lebenssituationen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern können und müssen, haben wir für alle Geschlechter spezielle Unterstützungsangebote. Mit ‚meinEAP‘ helfen wir beispielsweise bei Situationen der familiären Pflege oder bei der Suche nach Kinderbetreuungsangeboten.
→Bea hat noch eine zweite Frage an Frau Bruckner: „Welches sind die Dinge, die Ihnen bei der Arbeit am meisten Freude bereiten?“
Andrea Bruckner: Der Austausch mit Kolleginnen und Kollegen bereichert mich stets. Insbesondere mit Berufseinsteigerinnen und -einsteigern in den Austausch zu gehen, mal Erfahrungen zu teilen, macht mir viel Spaß. Die kontinuierliche Herausforderung durch neue Aufgabenstellungen gehört zu unserem Berufsbild. Diese Herausforderung zwingt einen, sich ständig zu hinterfragen und neue Lösungen zu finden. Und das ist sehr gut so.
Natürlich macht es dann auch Freude, wenn ein größeres Projekt abgeschlossen und erfolgreich ist. Zu sehen, welche Mehrwerte man schaffen kann, ist sehr zufriedenstellend.