Aus der Masse hervorstechen
Der Arbeitsmarkt boomt. Trotzdem fällt es Bewerbern meist schwer, den Traumjob zu ergattern. Denn auf diese Stellen bewerben sich in der Regel viele qualifizierte Bewerber. Den begehrten Job kann aber nur einer bekommen. Und wer aus dem Bewerbungsrennen als zweiter Sieger hervorgeht? Der hat (meist) verloren.
Doch was ist überhaupt ein Traum- oder Top-Job? „Das hängt von der Qualifikation, Lebenssituation und den persönlichen Zielen ab“, betont Unternehmensberater Reiner Voss, Hamburg. Für eine junge Mutter kann eine Teilzeitstelle in der Nähe ihrer Wohnung der Traum-Job sein. Und für einen Elektriker, der bisher für einen Drei-Mann-Betrieb arbeitete? Eine Stelle in einem Großunternehmen, weil er dort ein höheres Gehalt erhält. Und für einen frischgebackenen Betriebswirt? Für ihn kann die Trainee-Stelle bei einem Konzern der Traum-Job sein, weil sie ihm den Weg zu einer internationalen Karriere eröffnet.
Top-Jobs erfordern Top-Bewerbungen
Gemeinsam ist allen Top-Jobs: „In der Regel bewerben sich überdurchschnittlich viele Stellensucher auf sie“, betont der Personalberater Frank Adensam, Ludwigshafen. Also können die Unternehmen bei der Personalauswahl schärfere Auswahlkriterien anlegen. Folglich muss bereits die Bewerbung „spitze“ sein, damit ein Bewerber überhaupt in die engere Auswahl kommt.
Doch was kennzeichnet eine Spitzen-Bewerbung? Klar ist: Der Bewerber muss alle fachlichen Anforderungen erfüllen. Klar ist auch: Die Bewerbungsunterlagen dürfen keine größeren Mängel aufweisen; speziell dann, wenn sie an „attraktive Arbeitgeber“ adressiert sind, die oft mit Bewerbungen überschwemmt werden.
So betont Martin Baltes, Gruppenleiter Recruiting Fach- und Führungskräfte beim Pharma- und Chemiekonzern Merck, Darmstadt: „Bewerbungen, die zum Beispiel aufgrund von Rechtschreibfehlern keinen guten Gesamteindruck machen, haben keine Chance.“ Dasselbe gilt, wenn in der Bewerbungsmappe wichtige Unterlagen fehlen, ergänzt Bernadette Imkamp, Leiterin Personalbetreuung und -marketing bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall. „Oder wenn ein Lebenslauf mehr Fragen aufwirft als beantwortet.“ Dabei gilt selbstverständlich: Bei Schulabgängern schauen die Unternehmen eher über Schwächen hinweg als bei Hochschulabgängern und berufserfahrenen Stellensuchern.
Als Person Flagge zeigen für den Traumjob
Doch Top-Bewerbungsunterlagen sind letztlich nur eine Grundanforderung, die es beim Bewerben zu erfüllen gilt. Um eine echte Chance zu haben, ist mehr nötig – speziell wenn es um das Besetzen echter Top-Jobs geht. So betont zum Beispiel Julia Laas, Leiterin Personalmarketing bei der Allianz, bezogen auf die Kandidaten für deren Trainee- und Vorstandsassistenten-Programm: „Wir wollen die Begeisterung der Bewerber spüren.“ Aus der Bewerbung sollte hervorgehen, warum der Bewerber sich bei einem Versicherungs- und nicht bei einem Bauunternehmen bewirbt. Ähnlich äußert sich Martin Baltes vom Unternehmen Merck.
Gerade berufserfahrenen Stellensuchern fällt es oft schwer, Unternehmen darzulegen, warum sie für eine vakante Stelle die Idealbesetzung sind. Diese Erfahrung hat Personalberater Adensam gesammelt. Denn sie erachten häufig vieles, was sie in ihrer bisherigen Position taten, als selbstverständlich. „Oft ist ihnen nicht bewusst, dass sich dahinter spezielle Fähigkeiten verbergen, die sie für bestimmte Unternehmen zu sehr attraktiven Bewerbern machen.“ Deshalb rät Adensam speziell berufserfahrenen Bewerbern: „Analysieren Sie genau, welche Fähigkeiten und Erfahrungen Sie in Ihrer letzten oder aktuellen Position erworben beziehungsweise gesammelt haben. Denn hieraus können Sie ableiten: Bei welchen Unternehmen und Positionen habe ich eine realistische Chance? Und: Welche ‚Pfunde‘ kann ich in die Waagschale werfen?“
Oft gibt es eine zweite Chance
Übereinstimmend betonen alle Firmenvertreter: Wer einen Top-Job ergattern möchte, darf seine Bewerbungen nicht im Streuversand versenden. „Zielführender ist es“, laut Bernadette Imkamp, „wenige qualifizierte Bewerbungen zu schreiben.“ Und wenn man dann aus einem Bewerbungsrennen doch nur als zweiter oder dritter Sieger hervorgeht? „Dann war die Mühe oft trotzdem nicht vergebens“, betont Allianz-Führungskraft Laas. „Denn diesen Bewerbern offerieren wir häufig alternative Stellen. Oder wir nehmen sie in unseren Talentpool potenzieller Mitarbeiter auf, mit denen wir Kontakt halten.“ Ähnlich verfahren die Unternehmen Merck und Schwäbisch Hall. Denn sie wissen: Gute Fach- und Führungskräfte zu finden, wird in den kommenden Jahren zunehmend schwerer. Deshalb lohnt es sich, zu Spitzen-Bewerbern Kontakt zu halten.
Autor: Bernhard Kuntz