„Funding the strongest female founders“ ist der Claim, mit dem sich Bettine Schmitz explizit an Gründerinnen wendet. Gemeinsam mit zwei Partnerinnen führt unsere Interviewpartnerin Bettine die Beteiligungsfirma Auxxo, welche über den Female Catalyst Fund den ersten deutschen Wagniskapitalfond aufgelegt hat, der sich ausschließlich an weiblich besetzte Start-ups wendet.
Was genau macht ihr bei Auxxo und was waren die Ausgangsideen bei der Gründung eures VC-Fonds?
Wir bauen mit dem Female Catalyst Fund das Portfolio aus den stärksten Gründerinnen Europas auf, um das Erreichen der Geschlechterparität in der Venture Capital-Szene zu beschleunigen. Als Ausgangspunkt haben wir beobachtet, dass zum einen etablierte Fonds über nicht ausreichende Ansprache durch Gründerinnen klagen und zum anderen sich Gründerinnen über den erschwerten Zugang zu Kapital und vor allem zu Netzwerken beschweren. Hier setzen wir an und und schlagen als erste Ansprechperson für weibliche Gründerinnen eine Brücke zwischen ihnen und (weiblichen) Stakeholdern der klassischen, meist männlich dominierten VC-Welt. Zudem sind weibliche Gründerinnen mit statistisch erwiesener überdurchschnittlich guter Performance vor allem aber eine wahnsinnig tolle Investment Möglichkeit.
Oft heißt es, dass die Execution für den Erfolg eines Start-ups viel entscheidender ist als die Geschäftsidee. Wenn dem so sein sollte: Wie unterscheiden sich von Frauen geführte Start-ups von denen von Männern?
Wir hassen es hier zu generalisieren, da jede:r Gründer:in einzigartig ist. Oft konnten wir jedoch beobachten, dass weibliche Gründerinnen besser vorbereitet sind und eine konservativere Planung bevorzugen. Viele Studien haben außerdem gezeigt, dass weibliche Gründerinnen bessere Renditen erzielen und eine höhere Performance aufweisen. Wir finden es zudem super, dass bei Frauen Unternehmenskultur und Diversität bereits in frühen Tagen der Gründung stark in den Fokus rücken. Statistisch sorgt bereits eine Frau im Gründungsteam eines Startups dafür, dass mehr als doppelt so viele Frauen eingestellt werden.
Was treibt Frauen an, wenn Sie ein Unternehmen gründen?
Wir sehen immer wieder, dass Purpose – also ein höheres Ziel – für weibliche Gründerinnen eine große Rolle spielt und ein wesentlicher Motivationstreiber ist. Statistiken des deutschen Startup Verbands bestätigen dies, der Frauenanteil bei Sozialunternehmern beträgt fast 47 Prozent. Das trifft ebenfalls auf unsere Portfolio- Unternehmen zu, die alle mit ihrem unternehmerischen Handeln einen Beitrag zu einer gesellschaftlichen Herausforderung leisten. Anfang des Jahres haben wir in das Startup Interstellar Lab investiert, das ertragreichere Gewächshäuser baut, die auf der Erde und im Weltall angewendet werden können. Eine tolle Innovation um der Ressourcenknappheit auf der Erde entgegenzuwirken!Für uns ist das ein weiterer Grund in Frauen zu investieren – wir glauben zu 100% daran, dass ein starker Purpose eine Firma und alle Beteiligten stärker macht.
Worauf achtet ihr bei der Frage, ob Ihr finanziert, wenn ein Gründerinnen-Team bei Euch pitcht?
Wir investieren ausschließlich in europäische Unternehmen mit mindestens einer Frau im Gründerteam. Darüber hinaus achten wir auf die üblichen Venture Capital Kriterien und vor allem darauf, ob das Unternehmen die Chance hat, eine Milliarden-Bewertung zu erreichen. Hierbei sind insbesondere die Marktgröße, Timing, Wachstumspotential und Defensibility entscheidend. Nichtsdestotrotz sind für uns das Gründerteam, ihr Mindset und gegebenenfalls die für die Gründung spezifisch notwendigen Kompetenzen ausschlaggebend.
In fast allen Gründerstorys steht ein spezielles Arbeitsethos der Selbstkasteiung im Mittelpunkt. Geht Gründen nur so?
Keine Frage – Gründen ist tough und der schnelle Aufbau eines mit Venture Capital geförderten Unternehmens erfordert ein gewisses Zeit Investment, das nicht in jeder Lebensrealität einen Platz findet. Uns ist es dabei aber extrem wichtig, dass unsere Gründer:innen auf ihre Gesundheit achten. Eine 100-Stunden Woche ist definitiv für keine der Beteiligten nachhaltig. Gründen ist ein Marathon und der Erfolg eines Unternehmens wird nicht in einem Jahr entschieden. Gleichzeitig eröffnet einem die eigene Gründung auch immer die Möglichkeit, die Spielregeln für beispielsweises flexibles Arbeiten und Vereinbarkeit neu zu definieren. Außerdem hat bereits 2018 eine Studie des MIT aufgezeigt, das mit zunehmendem Alter der Erfolg bei Gründer:innen steigt. Das Durchschnittsalter der Gründer:innen der obersten 0,1 Prozent-Firmen beträgt 45 Jahre. Prominente Erfolgs- stories wie die des Unternehmerpaars von Xentral oder die der Gründerinnen von Ooia bringen zudem immer mehr neue Narrative in die Gründerszene.
In welchen Geschäftsfeldern sieht Auxxo in den kommenden Jahren ein besonders hohes Potential für disruptive Gründungen?
Wir beobachten gerade viele positive Entwicklungen und innovative Ansätze für die Welt von Morgen in den Bereichen Carbon Reduction, Future of Food oder Biotech. Besonders spannend finden wir auch neue disruptive Lösungen, die sich aus den Trends Employee Empowerment and Web3 heraus entwickeln werden.
Bettine Schmitz wechselte nach ihrer Zeit bei den Strategieberatern vom OC&C zu Axel Springer und war dort zuletzt als Vice President für den Plug and Play Accelerator verantwortlich, bevor sie Anfang 2019 Auxxo gründete.