Ein Karriereratgeber von Martina Pahr
„Lehrjahre keine Herrenjahre sind“, wie schon Meister Yoda dem jungen Luke Skywalker zu verstehen gab. Und Damenjahre erst recht nicht (Thema: pay gap)! Die Mühen der Ausbildung sind nicht immer schön, aber in der Regel akzeptabel, da absehbar. Wenn dann besagte Lehrzeit im ersten Beruf mündet, ist die Macht endlich mit dir – hoffst du zumindest. Meistens erwartet dich allerdings ein heikler Plot-Twist: Gerade für BerufseinsteigerInnen ist es eine Herausforderung, sich im besten Licht zu präsentieren und dabei gleichzeitig für die eigenen Interessen einzustehen. Insbesondere, wenn du vielleicht in einer (leicht) toxischen Arbeitsumgebung gelandet sein könntest.
In der Probezeit
Es empfiehlt sich, in der Probezeit die Bälle flach zu halten. Was man von dir sehen will, bevor man dein Feedback ernst nimmt, ist Leistung. Wenn du zu früh mit Kritik ankommst, bevor du die internen Strukturen wirklich durchschaut hast, lehnst du dich unter Umständen zu weit aus dem Fenster. Es kann durchaus vorkommen, dass deine KollegInnen ungeachtet der Sachlage allein deshalb höhere Glaubwürdigkeit und „ältere Rechte“ genießen, weil sie schon länger im Betrieb sind. Und die Prozedere, die du sofort optimieren möchtest, sind unter Umständen so fest eingefahren, dass man erst dann bereit ist, sie zu ändern, wenn du nach einer bestimmten Zeit genügend Kompetenz unter Beweis gestellt hast.
Warte das Ende der Probezeit ab, aber nehme derweil sämtliche Vorfälle aufmerksam auf. Es geht in der Probezeit ja um ein beiderseitiges Beschnuppern. Wenn du merkst, dass du hier beruflich vorankommst, obwohl das Betriebsklima an den Todesstern erinnert – oder umgekehrt -, dann wäge deine realen Bedürfnisse ab: Lebensqualität oder Karriere? Bist du bereit, deine Lebensqualität für eine absehbare Zeit zurückzufahren (weniger Freizeit, mehr Stress …), wenn du dafür deine Karriere pushen kannst? Lohnt sich dein Einsatz im neuen Job oder zeichnet sich ab, dass er keine sinnvolle Sprosse auf deiner Karriereleiter darstellt?
Die Sache mit der Motivation
Wertschätzung und Anerkennung – das erhoffst du dir von KollegInnen und Vorgesetzten. Doch selbst die beste Leistung garantiert nicht, dass du beides tatsächlich bekommst. Es kann vorkommen, dass andere MitarbeiterInnen in dir eine bedrohliche Konkurrenz wahrnehmen und versuchen, dich klein zu halten. Und nicht immer sind die Vorgesetzten aufmerksam und sozial kompetent genug, deine Leistungen wahrzunehmen, geschweige denn, zu würdigen. Es liegt also zu einem guten Stück auch an dir selbst, dich zu deiner Arbeit zu motivieren und deine Macht daraus zu ziehen, dass du deinen Job gut machst.
Du hast wahrscheinlich jede Menge Energie, doch wenn du kein Jedi bist, sind deine Kapazitäten begrenzt. Vielleicht kannst du es anfangs noch stemmen, vollen Einsatz im Job zu zeigen und abends Party zu machen. Aber auf Dauer wäre es sinnvoll, darauf zu achten, dass dein Energiehaushalt stimmt. Natürlich springst du ein, wenn Überstunden anstehen. Wenn es aber zu einer Dauereinrichtung wird, dann mach es zum Thema. Deine ChefInnen sind nicht daran interessiert, dass du ständig präsent bist, sondern zuverlässig gute Leistung zeigst. Wenn du dich dabei verschleißt, ist es allerdings dein eigenes Problem. Du bist in der Verantwortung, für dich selbst zu sorgen und das für dich richtige Maß zwischen Engagement und Raubbau mit deinen Ressourcen zu finden.
Richtig und das Richtige kommunizieren
Es kann sein, dass in deinem neuen Unternehmen Neulinge gern für unliebsame Arbeiten eingesetzt werden. Es kann aber auch sein, dass sie dich nur deshalb Kaffee holen schicken, weil sie keine Ahnung haben, wie ungern du das machst. Wenn du ein paarmal „Klar, mach ich!“ gesagt hast, obwohl du im Grunde „Nein!“ meinst, darfst du dich nicht darüber wundern. Niemand kann deine Gedanken lesen – da hilft auch kein Jedi-Mind-Trick. Was nicht klar kommuniziert wird, lädt zu Missverständnissen ein und auch subtile Andeutungen oder ironische Bemerkungen können bei den anderen wie Chinesisch ankommen. Sprich am besten einfach „Klartext“: Sag das, was du meinst, und zwar so, dass es alle verstehen.
Wie kannst du deine Interessen vertreten?
Die Unterscheidung zwischen „teamfähig“ und „sich unterbuttern lassen“ ist eine echte Gratwanderung. Du willst für dich einstehen und dabei niemandem auf die Füße treten – schwierig! Eine Faustregel: Gib das, was du willst. Wenn du eine faire Behandlung erwartest, musst du selbst fair auftreten. Du kannst Abstand zu Cliquen und Klüngeleien halten und von Anfang an klarmachen, dass du für Klatsch und Tratsch nicht zu haben bist. Überlege genau, welche Position du in welcher Angelegenheit beziehen willst und habe solide Argumente parat, wenn es darauf ankommt – Argumente, also weder Gefälligkeiten noch Sympathiebeweise. Wenn du dich in einer Situation entscheidest, um des lieben Friedens Willen nachzugeben, obwohl du dich im Recht fühlst, kannst du das auch so kommunizieren: als Gefälligkeit, nicht als Selbstverständlichkeit. Klarheit ist auch hier wichtig – vor allem, wenn es um deine Leistungen und Erfolge geht: Mach ruhig darauf aufmerksam, denn wenn du dein Licht unter den Scheffel stellst, stehst du im Dunkeln. Die Dosis macht aber auch hier das Gift: Wenn du allzu oft auf die eigene Coolness hinweist, wirst du zum Jar Jar Binks des Büros.
Über die Autorin:
Martina Pahr arbeitet als freie Autorin. Im Winter lebt sie in Asien, im Sommer meist in Schottland und zwischendrin in München. In ihrem Ratgeber „Sorg’ für dich selbst, sonst sorgt sich keiner! Wie du dir selbst höchste Priorität im Leben einräumst“ erfährst du mehr darüber, wie du dich um dich selbst kümmern und für deine eigenen Belange stark machen kannst.