Mit einer beeindruckenden Karriere in der Wirtschaftsprüfung hat Stephanie Fischer, Partnerin, Team-Verantwortung bei Deloitte übernommen. Ihr Werdegang zeigt, mit welchen Fähigkeiten und persönlichen Werten man die Herausforderungen auf dem Weg zur Führungskraft meistern kann. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, worauf Nachwuchsprüferinnen für beruflichen Erfolg und die Vereinbarkeit von Familie und Karriere achten sollten.
Stephanie, du bist Partnerin bei Deloitte und bereits seit 22 Jahren im Unternehmen. Eine beeindruckende Leistung. Wie hat deine Karriere begonnen?
Ich bin als Professional in der Abschlussprüfung eingestiegen und habe das Prüfungswesen im Bankenbereich von Grund auf gelernt. Diese Branche zog sich wie ein roter Faden durch meine Karriere. Besonders geschätzt habe ich die wiederkehrenden Strukturen der Abschlussprüfung, die ein solides Verständnis der Materie ermöglichen, und gleichzeitig auch die Möglichkeit, fachlich immer weiterzuwachsen und Verantwortung zu übernehmen. Ein entscheidender Meilenstein war das Wirtschaftsprüferexamen, das meine fachliche Tiefe und mein Kompetenzlevel erheblich gesteigert hat. Als junge Wirtschaftsprüferin stand ich schnell in verantwortungsvollen Positionen und direkt in der ersten Reihe – eine Besonderheit dieses Berufs. Die damit verbundene Herausforderung, auf Augenhöhe mit höheren Managementebenen zu agieren, war eine wertvolle Erfahrung für die nächsten Jahre.
„Freiheiten, Eigenverantwortung und das Team machen Deloitte so besonders für mich“
Inwiefern hat diese Erfahrung dich auf den nächsten Meilenstein als Partnerin vorbereitet?
Ganz grundsätzlich muss man in dieser Zeit lernen, die Führungsrolle im Team voll zu übernehmen. Wenn man erstmals Verantwortung übernimmt und Prüfungsberichte unterschreibt, erfasst man die volle Tragweite noch nicht ganz. Aber mit der Zeit erweitert man sein Wissen, vernetzt sich und kann komplexe Zusammenhänge besser einordnen. Auf dem Weg vom Director zur Partnerin muss man beweisen, dass man Teams aufbauen und führen kann. In unserem Beruf ist man stark auf eigenständig arbeitende und zuverlässige Teams absolut angewiesen – die Fülle an Aufgaben kann man alleine gar nicht bewältigen. Während man als Director also bereits viel Führungsverantwortung trägt, geht es im Anschluss als Partnerin verstärkt um Teilhabe am Markt und unternehmerisches Denken: Eigene Themen vorantreiben, Mandate entwickeln und strategisch langfristig agieren. Als Partnerin kann man sich nicht in einer Nische verstecken und nur einzelne Mandate betreuen – in dieser Rolle tritt man viel stärker nach außen auf.
Welche Herausforderungen bei deinem Start als Partnerin sind dir besonders im Gedächtnis geblieben?
Partnerin zu werden bedeutet neue, beziehungsweise erweiterte Herausforderungen und Gestaltungsspielräume. Damals war ich die einzige Frau in unserer Runde und zugleich die Jüngste, was sich vor allem in organisatorischen Aspekten niedergeschlagen hat. Ein Beispiel sind die Abendmeetings, die oft zwischen 18 und 20 Uhr stattfanden – für meine Familie mit zwei Kindern eine Kernzeit, sodass Meetings nicht praktikabel waren. Als ich es ansprach, wurde die Zeit auch sofort geändert. Es waren also eher vermeintlich banale Dinge und keine grundsätzlichen Haltungen, die zu den Herausforderungen beigetragen haben.
Stephanie Fischer (Bild) absolvierte den Diplom-Betriebswirt 2003 an der FH der Deutschen Bundesbank und stieg im gleichen Jahr bei Deloitte ein.
Mittlerweile ist Stephanie nicht nur Partnerin, sondern leitet das Team für die Nachhaltigkeitsberichterstattung der Audit & Assurance Financial Services bei Deloitte. Außerdem ist sie als verantwortliche Wirtschaftsprüferin für eine große Bank tätig.
Dein Arbeitsalltag klingt wirklich abwechslungsreich.
Das ist er absolut. Ich trage mehrere „Hüte“ – ein großer Teil meiner Arbeit betrifft die Leitung unseres Teams für Nachhaltigkeitsberichterstattung. Zudem bin ich als verantwortliche Wirtschaftsprüferin für eine große Bank tätig und leite außerdem das People Management innerhalb unseres Banking- und FSI-Sektors, also der Bankenprüfung. Darüber hinaus engagiere ich mich im IDW, dem Institut der Wirtschaftsprüfer, das berufsständische Vorgaben entwickelt. Mein Arbeitsalltag besteht vornehmlich aus Gesprächen – sei es mit Mandanten oder mit den Teams, die alle sehr unterschiedlich sind und entsprechend angepasste Betreuung erforderlich machen. Ein weiterer Bestandteil meines Tages sind schließlich die entstehenden Prüfungsberichte. In der Regel läuft der Tag oft anders als geplant. Das ist nichts Schlechtes, aber man muss damit umgehen können.
Was an deiner Arbeit macht dir am meisten Spaß?
Die Zusammenarbeit mit den Menschen, genau das ist es auch, was mich so lange bei meinem Team gehalten hat – und immer noch hält. Die Kombination aus Freiheiten, Eigenverantwortung und Kolleginnen und Kollegen, die Lust haben, gemeinsam etwas zu gestalten, macht für mich den Unterschied. Die Motivation steckt an und überträgt sich gegenseitig.
Natürlich entwickeln sich auch die fachlichen Themen weiter. Ich habe zu Beginn die klassische Abschlussprüfung gemacht, mich dann intensiv mit aufsichtsrechtlichen Themen wie dem Meldewesen beschäftigt und später mit Risikomanagement-Themen. Nach 20 Jahren kann ich sagen: Accounting beherrsche ich. Doch mit der Nachhaltigkeitsberichterstattung kam für mich ein neues Thema auf die Agenda, und ich kann bestätigen: Es ist spannend, eine Bank aus all diesen Perspektiven ganzheitlich zu betrachten. Insofern gibt es auch fachlich keinen Stillstand und ich habe nie das Gefühl, dass ich bereits alles weiß.
Sind Frauen in Führungspositionen bei Deloitte immer noch eine Seltenheit?
Nein, hier hat sich viel getan. Mittlerweile sind wir über alle Ebenen hinweg bereits sehr divers aufgestellt, wobei ehrlicherweise der Frauenanteil auf den höheren Ebenen geringer ist. Als ich angefangen habe, war gerade der erste größere Schwung an Frauen in der Bankenprüfung. Was ich jedem von Anfang an empfehlen würde, ist, sich ein Netzwerk aufzubauen. Dabei geht es nicht nur um klassische Frauennetzwerke mit großen Namen, sondern um echte Verbindungen: Mit Kolleginnen und Kollegen, mit Mandanten – also mit all den Menschen, die sich in ihrer Organisation ebenfalls weiterentwickeln. So hat man langfristig immer Anknüpfungspunkte.
Bei Deloitte fördern wir Netzwerke aktiv, aber letztendlich ist es eine individuelle Entscheidung, sich sichtbar zu machen. Es geht nicht darum, sich einfach nur zu präsentieren, sondern darum, die eigene Arbeit zu zeigen: „Hier bin ich und das habe ich erreicht.“ Es reicht nicht, nur anwesend zu sein – man sollte seine Erfolge auch kommunizieren, denn die Menschen, die über Karrieren entscheiden, sind oft mehrere, nicht nur eine einzelne Person. Und je mehr Leute einen kennen und schätzen, desto leichter wird es. Ein weiterer wichtiger Faktor in unserer Branche ist das Wirtschaftsprüferexamen. Das ist ein starkes Kompetenzlabel – und wenn man es erreicht hat, kann einem das niemand mehr nehmen. Für Frauen ist dieser Beruf großartig, weil er von Natur aus hohe Eigenverantwortung und Unabhängigkeit mit sich bringt.

Die meisten Leserinnen verbinden derart verantwortungsvolle Positionen vermutlich mit einer eher ungleich ausgeprägten Work-Life-Balance.
Verständlich, aber das Vorurteil dürfen sie getrost ablegen. Die erwähnte Flexibilität hilft enorm: Ich war bereits Wirtschaftsprüferin und sogar schon Director, als ich Mutter wurde. Mein größtes Learning in dieser Zeit war, dass es völlig in Ordnung ist, Punkt 17 Uhr zu gehen, weil die Kita schließt – und dass deswegen im Büro nichts Schlimmes passiert. Ehrlicherweise hat mein Wirtschaftsprüfer-Gehalt auch entsprechende Privilegien ermöglicht, was ich sehr zu schätzen weiß: Als meine Kinder jünger waren, konnte ich etwa eine Kinderfrau einstellen.
Aber mindestens genauso wichtig wie diese berufliche Flexibilität ist der richtige Partner. Es braucht ein gemeinsames Mindset, das die Elternschaft als gleichwertige Aufgabe betrachtet. Es gibt nicht die eine Lösung für alle, sondern man muss immer auf die individuelle Situation schauen – und die verändert sich ständig. Wer die Möglichkeit hat, sollte sich in den ersten Jahren Unterstützung holen. Es ist eine Investition in die eigene Karriere und Unabhängigkeit. Natürlich ist es ein stetes Austarieren, Familie mit diesem Beruf zu vereinbaren, aber es lohnt sich.
Gibt es eine weibliche Persönlichkeit, die dich besonders inspiriert hat?
Die eine Person gibt es für mich tatsächlich nicht. Vielmehr nehme ich mir bestimmte Aspekte von verschiedenen Frauen mit – vor allem von denen, die ich persönlich getroffen habe. Besonders beeindruckt mich ein authentisches Auftreten, gerade wenn es um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht. Es gibt fantastische Beispiele von Frauen, die es geschafft haben, ihre Karriere mit einer echten, tiefen Beziehung zu ihren Kindern zu verbinden. Denn am Ende ist das die eigentliche Herausforderung. Beruflich kann man vieles organisieren, aber die Beziehung zu den eigenen Kindern langfristig zu gestalten, ist das, was wirklich zählt. Außerdem inspiriert mich das Mindset, sich ständig weiterzuentwickeln, aus der Komfortzone herauszugehen und sich immer wieder neue Ziele zu setzen. Und zuletzt mag ich es, wenn Menschen sich selbst nicht zu wichtig nehmen.
„Karriere ist ein Langstreckenlauf und kein Sprint“
Welche Persönlichkeitsmerkmale und Soft Skills sind in deinem Beruf besonders wichtig?
Freude an der Tätigkeit ist essenziell. Wenn man kein Interesse an Zahlen oder Gesetzen hat, dynamische Arbeitsumfelder nicht mag oder nur in festen Teams arbeiten möchte, wird man in der Wirtschaftsprüfung nicht glücklich. Auch die Arbeitsweise spielt eine Rolle: Man muss eigenständig arbeiten, es gibt kein vorgefertigtes Skript – gefragt ist also eine gewisse Lösungsorientierung. Wirtschaftsprüfung ist zwar kein klassisch kreativer Beruf, aber in der Umsetzung gibt es durchaus Freiraum. Gerade in einem Umfeld mit hoher Eigenverantwortung muss man in der Lage sein, sich selbst zu organisieren und langfristige Deadlines und Ziele im Blick zu behalten.
Hast du Tipps für eine lange, glückliche Karriere?
Eine Karriere wie meine ist ein Langstreckenlauf, kein Sprint – es ist wichtig, wirklich auf die eigenen Kräfte zu achten. Gleichzeitig sollte man Herausforderungen annehmen – wenn andere einem etwas zutrauen, schafft man es meist auch. Es ist anstrengend, keine Frage, aber genau das hilft, sich ein Standing zu erarbeiten. Eine Karriere ist eine Reise und wird nicht immer nur glänzen – aber wenn das große Ganze stimmt, dann bleib dran.
Worauf freust du dich in der nächsten Zeit?
Ich werde eine neue Rolle in einem wichtigen Ausschuss im IDW bekommen, was eine spannende Herausforderung ist. Außerdem freue ich mich auf neue Mandate und bin ich gespannt auf die Weiterentwicklung meiner Teams.
Interview und Text von Bettina Riedel