Eine von Informatiker:innen unterschätzte Branche, die weit mehr als nur den BWLern ein spannende Zukunft bietet, ist die Wirtschaftsprüfung. Projektvielfalt, ein großer Erfahrungsschatz und brandaktuelle Themen zeichnen die Arbeit in der IT-Prüfung aus. Wir haben bei Silas Kämpchen, Leiter IT-Spezialisten Vertical Mittelstand, und Lea Katharina Kühlborn, IT-Prüferin bei AWADO, genauer nachgefragt.
Herr Kämpchen, Sie sind Leiter IT-Spezialisten bei der Unternehmensgruppe AWADO. Welchen Stellenwert hat die IT im Audit-Bereich?
Die IT-Prüfung nimmt einen immer größeren Stellenwert innerhalb der Wirtschaftsprüfung ein. Die voranschreitende Digitalisierung bei unseren Mandanten bedingt, dass auch die Prüfung sich mehr auf die IT-Systeme fokussiert. Die Rechnungslegung der allermeisten Unternehmen erfolgt stark IT-gestützt. Daher nimmt auch die Menge des Buchungsstoffes stetig zu. Es ist unerlässlich, die systemischen Kontrollen innerhalb des IT-Systems verstärkt zu betrachten, um eine Aussage über eine vollständige und richtige Buchführung treffen zu können. Darüber hinaus wächst mit der Digitalisierung der Unternehmen auch der Beratungsbedarf unserer Mandanten, besonders in den Themengebieten Informationssicherheitsmanagement und Cyber Security.
Können Sie ein typisches Projekt einer genossenschaftlichen IT-Prüfung skizzieren?
Kämpchen: Das Schöne an der Prüfung ist, dass es selten typische Projekte gibt. Unser Aufgabenfeld und Mandantenkreis sind sehr vielseitig und bieten regelmäßig etwas Neues. Grundsätzlich kann man jedoch sagen, dass ein Prüfungsprojekt immer nach einem festgelegten Schema abläuft. Zuerst definieren wir die Anforderungen, also die rechtlichen oder regulatorischen Rahmenbedingungen, die das jeweilige IT-System erfüllen soll. Danach führen wir eine sogenannte Aufnahme- und Aufbauprüfung durch. Dabei schauen wir uns das gesamte IT-System, die dazugehörige Dokumentation, die Infrastruktur und die Organisation an. Dabei führen wir mit verschiedensten Ansprechpartner Gespräche, begutachten die Gegebenheiten vor Ort und sichten diverse Unterlagen. Das Besondere ist, dass es eigentlich nie zwei Mal das gleiche IT-System gibt, wodurch sich ein enormer Erfahrungsschatz aufbaut und sich immer wieder neue Eindrücke ergeben, was wiederum in der Beratung einen wesentlichen Vorteil darstellt. Im letzten Schritt kommt die Funktionsprüfung. Hier stellen wir fest, ob die in der Aufnahme- und Aufbauprüfung ausgearbeiteten Kontrollen und Prozesse auch entsprechend umgesetzt und gelebt werden.
Frau Kühlborn, Sie haben in Göttingen medizinische Informatik studiert. Wie wurden Sie stattdessen auf den Audit als Berufseinstiegsmöglichkeit aufmerksam und was überzeugte Sie daran? Wie passen Ihre Fähigkeiten in Projekte, wie Herr Kämpchen es gerade beschrieben hat?
Das Studium der medizinischen Informatik beinhaltete neben dem Kerninformatik-Studium vielseitige Einblicke in für die Informatik relevante Bereiche der Medizin. Der Schwerpunkt hierbei liegt auf der Qualität sowohl für medizinische Daten, als auch für die IT-Lösungen in der Versorgung und Forschung. Ich komme somit aus einer Branche mit sehr hohen Anforderungen und Qualitätsstandards für die IT. Aufmerksam wurde ich auf den Bereich der IT-Prüfung durch einen Recruiter, welcher mir eine offene Stelle als Junior IT-Prüfer*in bei der AWADO vorstellte. Der Einstieg in die Prüfung stellte natürlich einen Wechsel des Berufsfeldes dar, jedoch blieb der Fokus auf Compliance, Qualität und IT-Sicherheit erhalten. Die Einarbeitung erfolgte als Training-on-the-job und ermöglichte es mir schon frühzeitig, eigenverantwortlich zu prüfen und Verantwortung innerhalb der Projekte zu übernehmen.
Warum unterschätzen gerade junge Informatiker:innen Ihrer Meinung nach den Audit als Berufsfeld?
Kühlborn: Die meisten Menschen denken bei der Wirtschaftsprüfung an einen dunklen Raum voller staubiger Akten, die stumpf geprüft werden müssen. Dieses Bild ist, wenn es das überhaupt mal war, lange nicht mehr wahr. Es wird unterschätzt, wie dynamisch die Prüfung ist, dass wir uns stetig den neuen Bedürfnissen und Gegebenheiten bei unseren Mandanten anpassen müssen. Darüber hinaus behaupte ich, dass man in wenig anderen Branchen so viele tiefe Einblicke in so viele verschiedene Unternehmen bekommt. So kann man sich in kurzer Zeit einen überaus wertvollen Erfahrungsschatz aufbauen.
Welche IT-Trends bewegen den Audit derzeit oder in den nächsten Jahren? Welche Herausforderungen sind derzeit noch zu bewältigen?
Kämpchen: Die Trends, die unsere Mandanten bewegen, werden regelmäßig auch zu Trends in der Prüfung. Der verstärkte Einsatz von Cloud-Lösungen bei unseren Mandanten ist sicherlich ein sehr relevantes Thema, auch in Kombination mit der aktuell besonders hohen Bedrohungslage im Bereich der Cyber Security. Daneben sind der verstärkte Einsatz von Robotic-Process-Automation-Lösungen und die damit einhergehenden Veränderungen in den Kontrollsystemen ein Thema, was uns bewegt. Für die Zukunft wird, meiner Ansicht nach, der Einsatz von KI-gestützten Systemen ein höchst relevanter Bereich sein – besonders vor dem Hintergrund der Nachvollziehbarkeit von KI-Entscheidungen. Ebenfalls werden auch neue Blockchain und Kryptographie-Produkte unseren Prüfungsalltag prägen.
Wie steht es um Weiterbildungen, um diese neuen Trends gerade bei Kunden selbstbewusst navigieren zu können?
Kühlborn: Weiterbildung ist in unserem Berufsstand unerlässlich und sogar gesetzlich vorgeschrieben. Bei der AWADO legen wir großen Wert auf die Aus- und Weiterbildung der Prüfer und Prüferinnen. Entsprechend gibt es jährliche Schulungsbudgets, über die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verfügen können. Dabei werden die Weiterbildungen in Abhängigkeit der persönlichen Interessen im Zusammenspiel mit den Bedürfnissen unserer Mandanten ausgewählt und geplant.
Benötigt es zukünftig auf der IT-Seite ebenfalls ein komplexes Ausbildungssystem zum vollendeten Wirtschaftsprüfer?
Kämpchen: Mit Sicherheit kann man sagen, dass der Weg zum Wirtschaftsprüfer oder auch IT-Spezialisten innerhalb der Wirtschaftsprüfung nicht der einfachste Ausbildungsweg ist. Wir beschäftigen uns regelmäßig mit überaus komplexen Zusammenhängen und entsprechend komplex ist auch unsere Ausbildung. Mit der voranschreitenden Digitalisierung wird sich naturgemäß auch unsere Ausbildung und unser Berufsbild anpassen.
Welche Unternehmenskultur oder Werte nehmen Sie im gelebten Alltag bei AWADO wahr?
Kühlborn: Unser Leitspruch „Die etwas andere Wirtschaftsprüfungsgesellschaft“ bildet sich jeden Tag bei der AWADO ab. Der Mensch steht bei uns im Mittelpunkt, das drückt sich für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen beispielsweise in der besonders offenen Kommunikation innerhalb der AWADO Gruppe sowie durch unser sehr flexibles Arbeitszeitmodell aus. Natürlich ist die genossenschaftliche Leitidee, gemeinsam zum Vorteil aller ein Ziel zu verfolgen, wesentlicher Bestandteil unserer Unternehmenskultur.
Über das Unternehmen
Die genossenschaftlich aufgestellte AWADO besteht aus insgesamt sechs Gesellschaften, wobei die IT-Prüfung und Beratung in der AWADO Wirtschaftsprüfungsgesellschaft angesiedelt ist. Das Kundenportfolio beinhaltet alle Größenklassen von Unternehmen: Sowohl kleine Windradgenossenschaften als auch genossenschaftliche Großbanken sowie international tätige Handelskonzern. „Es wird häufig unterschätzt, wie groß Genossenschaften regelmäßig sind, da die Rechtsform der Genossenschaft einen zu Unrecht altbackenden Ruf hat“, erklärt Silas Kämpchen.
Mehr Beiträge über die AWADO findest du hier und natürlich auf der AWADO-Karriereseite.