Erfolgreich in die Bankenbranche einsteigen
Digitalisierung und Banken? Ja! Derzeit findet in der Branche ein starker Umbruch statt, der nicht nur von Berufseinsteiger ein gewisses Maß an Flexibilität fordert. Die Bankenwelt wird täglich digitaler, daher ist ein technisches Verständnis besonder wichtig. Der Experte für die Bankenbranche, Florian Frank von Willis Tower Watson, gibt einen Überblick aktueller Trends und zukünftigen Veränderungen für Berufseinsteiger.
Welche inhaltlichen und technologischen Herausforderungen müssen sich Hochschulabsolventen stellen, die heute in die Bankenbranche einsteigen?
Hochschulabsolventen sollten sich zunächst einmal im Klaren darüber sein, dass sich die Banken- und auch Assetmanagement-Branche derzeit gerade stark verändert, einerseits durch die regulatorischen Änderungen und das makroökonomische Umfeld – aber andererseits sehr stark auch durch die zunehmende Digitalisierung. Das heißt vor allem eines: Sie können sich nicht auf die Erfolgsrezepte derjenigen verlassen, die jetzt bereits erfolgreich im Job sind. Denn die Voraussetzungen sind und werden ganz andere sein. Das hier dürfte für alle gelten – Hochschulabsolventen sollten sich ihre Wunschbranche genau anschauen und das aktuelle Umfeld beobachten. Für die Bankenbranche konkret kommt noch eine Besonderheit hinzu: Diese Branche wird wie gerade angesprochen, aktuell sehr stark reguliert. Darüber sollten sich Absolventen auf dem Laufenden halten. Auch das gehört zum Fachwissen. Außerdem werden neue Fähigkeiten, neue Skills verlangt. Die Bankenwelt wird fast täglich digitaler. Ein technisches Verständnis ist immanent wichtig. Es hängt natürlich vom konkreten Segment ab – wir beobachten jedoch eine Tendenz, dass Mathematik, aber auch Physikkenntnisse immer wichtiger werden. Ein konkretes Beispiel ist das Asset Management: Viele Fondsstrategien lassen sich aufgrund des digitalen Wandels immer mehr automatisieren.
Mit welchen besonderen Fragestellungen in Bezug auf die Digitalisierung ist die Bankenbranche heute konfrontiert? Wie sieht die Zukunft aus?
Die Banken- und auch die Fondsbranche, also das Assetmangement, steht zum einen unter einem Regulierungsdruck, aber auch unter einem enormen Kostendruck. Das sieht ja jeder auf seinem Sparkonto – hierfür gibt es kaum Zinsen. Deswegen ist die Digitalisierung für Banken ein Weg, um ihren Kostenapparat langfristig in den Griff zu kriegen, aber auch um mehr anzubieten. Eine individuelle Beratung für eine niedrige Anlagesumme lohnt sich für die Bank nicht. Gelingt es aber aus Standardfragen und -bedürfnissen etwas abzuleiten, was sich in einen Algorithmus umdeuten lässt, dann wird so die Effizienz gesteigert und ein Zusatzangebot geschaffen. Genau das ist ja auch im Grunde Roboadvising – und das steckt noch in den Kinderschuhen. Da Banken aufgrund ihrer Größe und vor allem wegen der Vielzahlen an gesetzlichen Vorschriften lange Prozesse haben und eher träge sind, besetzen hier auch Fintechs diese Nische. Sicher wird sich hier das Angebot bereinigen – die Szene ist jung und noch im „Trial-and-Error“-Modus, treibt aber viele Entwicklungen maßgeblich voran.
Neue fachliche Kenntnisse sind gefordert
Welche fachlichen Anforderungen sollte man sich im Studium angeeignet haben? Welche Studienabschlüsse sind und bleiben besonders gefragt?
Das ist eine Frage, die nicht mehr so einfach zu beantworten ist, wie vor 20 Jahren zum Beispiel. Früher hat man klassische BWL oder VWL studiert um in den Bankenbereich einzusteigen. Den klassischen Weg wird es weiterhin geben – aber es werden immer mehr Stellen geben die nachweislich gute Kenntnisse in Statistik, Mathe, Physik und Informatik benötigen, dies am besten im Kombination mit Wirtschaftsverständnis . Kommunikative Fähigkeiten, vernetztes Denken und ein breites Wissen über den Tellerrand werden immer wichtiger. Praktika sollten in erster Linie einem selber dabei helfen, herauszufinden, welche Stärken und Schwächen man hat. Wer bei BWL in die allgemeine Managementvorlesung drängt, wird es schwerer haben, als derjenige, der sich für die quantitativere Disziplinen entscheidet. Sicherlich wird es auch so sein, dass Zusatzqualifikationen und Weiterbildungen während des Berufslebens an Stellenwert gewinnen.
… und welche Persönlichkeitsmerkmale sind förderlich, wenn man in der Bankenbranche Karriere machen möchte?
Das kommt auf den Bereich und die Firma an. Die Kultur und die Anforderungen sind in der „traditionellen Bank“ eine ganz andere als im FinTech Start-Up. Generell gilt: Im Vertrieb sollten Mitarbeiter abschluss- und zielorientiert sein aber auch eine gute Problemlösungskompetenz ausweisen. Wer Finanzprodukte entwickelt, sollte hingegen stark in der Fachmaterie verankert sein und sowohl detailorientiert als auch problemlösungsorientiert sein.
Problemlösekompetenzen sind sehr gefragt
Welche Karrierestufen sind in der Bankenbranche möglich und was sind die Erfolgsrezepte derjenigen, die schnell aufgestiegen und heute Führungskraft sind?
Wie schon erwähnt – die Erfolgsrezepte aus der Vergangenheit dürften heute nicht mehr gelten. Das heißt, jeder muss seine eigenen neuen Wege finden. Bei Banken und auch Fondsanbietern ist aktuell für Berufseinsteiger ein Gefühl dafür wichtig, welche Geschäftsbereiche auf dem aufsteigenden und welche auf dem absteigenden Ast sind und selbst flexibel zu bleiben. Die gesamte Branche ist im Umbruch und zwangsläufig werden sich die Geschäftsfelder verändern. Die Cashcow von heute muss auch nicht die von morgen sein.
Welche Finanzprodukte gibt es derzeit, an die vor 20 Jahren nicht zu denken war?
Da gibt es einige – für den Privatanlegerbereich sind dies vermutlich Exchange Traded Funds (ETFs). Das sind börsengehandelte Indexfonds. Die Idee dahinter ist deutlich älter: Man baut einen Index mit Wertpapieren nach. Neu war, diesen in eine Fondshülle an die Börse zu bringen und wie ein Aktie zu handeln. Das ist ein Vorgang, für den es technische Voraussetzungen braucht. Die technischen Voraussetzungen werden immer besser und erlauben daher auch, komplexere Fondsstrategien in solche Finanzprodukte zu verpacken. Ohne die richtige Technik wäre das nicht möglich gewesen. Aber auch die traditionellen Produkte haben sich weiterentwickelt: man denke an online Banking oder die vielen Mehrwertkonten mit Zusatzangeboten
Welche Entwicklung erwarten Sie in Zukunft in Hinblick auf den Bedarf an Bankenexperten? Und wie sieht das in 10 oder 20 Jahren aus, wenn die Digitalisierung immer weiter fortschreiten wird?
Wie oben schon erwähnt steckt Roboadvising noch in den Kinderschuhen. Das heißt, die klassische Beratung wird immer stärker automatisiert. Im Umkehrschluss wird dann Beratung in Bereichen gebraucht werden, die komplexer sind und mehr Fachtiefe brauchen. Außerdem werden sich Aufgaben verschieben. Bei ETF-Anbietern ist hier das Profil für einen Vertriebsmitarbeiter deutlich anders wie bei einem klassischen Fondsanbieter. Bei klassischen Fonds bestimmen die Fondsmanager aktiv die Strategie, bei einem ETF ist die Strategie, wenn man so will, vorgegeben. Schließlich wird hier ein Index abgebildet. Bei einem aktiven Fonds ist der Fondsmanager der Star und entscheidet über den Erfolg des Fonds und somit auch größten Teils über den Vertriebserfolg. Hier muss der Vertriebsmitarbeiter zum großen teil das Anlagekonzept und den Fondsmanager verkaufen. Bei einem ETF muss der Vertriebsmitarbeiter stärker über Anlagestrategien beraten und erklären wie ein ETF sich in ein Gesamtportfolio einfügen muss. Das heiß, er muss Kenntnisse haben, die in der alten Welt Fondsmanager und andere Portfolioexperten haben.
Welches Durchschnittsgehalt erhalten Berufseinsteiger, Angestellte mit fünf Jahren sowie mit zehn Jahren Berufserfahrung (in etwa)?
Im bundesweiten Median verdienen Berufseinsteiger mit Hochschulabschluss circa 52 000 Euro (Median). Dies kann enorm variieren – je nach Renommée des Instituts und Standort – in Großstädten werden höhere Gehälter gezahlt. Die Gehaltsentwicklung über die Jahre hängt stark von den Mitarbeitern ab und geht sehr weit auseinander. Je nach Leistung sind mitunter nach fünf Jahren auch circa 71 000 Euro möglich (Median). Nach 10 Jahren sollten ambitionierte Mitarbeiter entweder als Top-Experten angesehen und vergütet werden. Hier fängt die Spanne ab 86 000 Euro an (P4 Median). Oder man schafft den Sprung in eine Führungsposition und überschreitet somit die 100 000 – Euro-Schwelle. Das sind allerdings die bestmöglichen Szenarien – eine schleppende Wirtschaft, Nullrunden oder Restrukturierung können für niedrigere Gehälter sorgen.
Das Unternehmen entscheidet über den Dresscode
Gibt es spezifische Besonderheiten bei den Bankenmitarbeitern, was ihre Arbeitskultur betrifft?
Das hängt davon ab – in klassischen Banken und bei großen Fondsgesellschaften wird auf einen Business-Dresscode und klare Hierarchien geachtet. Bei Fintechs und kleineren Assetmanagern ist es weniger streng. Viel gearbeitet wird bei allen. Aber auch bei klassichen Banken ändert sich allmählich das Erscheinungsbild und der Dresscode.
Für einen Bewerber im Vorstellungsgespräch bei einem Unternehmen in der Bankenbranche: Welche drei bis fünf intelligenten Fragen würden Sie Kandidaten empfehlen, sie im Bewerbungsgespräch ihrem potentiellen Arbeitgeber zu stellen?
Grundsätzlich sollten die Fragen zu dem Kandidaten passen und individuell sein. Es hängt von der Stelle ab. Bei klassischen Stellen kann man aber durchaus mit einer praxisorientierten Fallstudie rechnen und sich dementsprechend vorbereiten. Insgesamt sollte man sich über den potenziellen Arbeitgeber, das Wettbewerbsumfeld und das gesamtwirtschaftliche Umfeld und mögliche Entwicklungen informiert sein und mit einer Diskussion rechnen.
Im Gespräch mit Florian Frank, Head of Rewards und Bankenenxperte von Willis Towers Watson.