Der Handel ist eine der Branchen, die stark von der Digitalisierung betroffen ist und sich neu erfinden muss. Die Veränderungen von Geschäftsmodellen und die Technologie- und Prozessinnovationen zeigen angehenden Hochschulabsolventen, welche spannenden Aufgaben auf sie zukommen, wenn sie sich für einen Karrierestart im Handel entscheiden.
Welche Qualifikationen müssen Bewerber erfüllen, die in der Handelsbranche einsteigen?
Bewerber müssen Einsatzbereitschaft und Lust zur Verantwortungsübernahme mitbringen. Der Einzelhandel ist eine der Branchen, in der bereits früh Verantwortung für Personal und eigene Gestaltungsbereiche übernommen werden kann. Entsprechend sind mittelfristig Führungsqualitäten erforderlich, die jedoch auch on-the-job erworben werden können. Dennoch sollten Bewerber bereits erkennen lassen, dass sie erste Führungserfahrungen (wie im Sportverein oder sonstige Außercurricularen Aktivitäten) haben und Führungspositionen einnehmen wollen. Eine ausgeprägte Kommunikation- und Serviceorientierung ist sicher unabdingbar. Darüber hinaus werden zunehmend analytische Fähigkeiten gefordert. Das Sammeln von Daten, diese auszuwerten und Schlussfolgerungen aus ihnen ziehen zu können, wird eine der Kernkompetenzen im Einzelhandel. Hier sind Methodenwissen wie auch Problemlösungskompetenz gefordert. Einzelhandelsunternehmen wandeln sich zunehmend zu Technologieunternehmen.
Würden Sie den Handel als Branche empfehlen?
Der Handel ist aus meiner Sicht einer der aktuell spannendsten Branchen. Hier bewegt sich viel, man kann früh mitgestalten und viel lernen. Der Handel 4.0 beginnt sich gerade zu formieren und hat mit klassischem Handelsgeschäft nur noch wenig zu tun. Wer über sich hinauswachsen will, die Herausforderung sucht, wen Neues fortwährend interessiert, wer strategisch und operativ arbeiten will, der sollte den Einstieg in den Handel suchen. Aber eines ist klar: Erfolgreiche Karrieren sind auch im Handel keine Selbstläufer. Hier wird viel gefordert, was sich aber auszahlt, wenn man bereit ist, sich darauf einzulassen.
Mit welchem technologischen Know-how sollten Bewerber ausgestattet sein?
Basiswissen klassischer Bürokommunikationsprogramme sind Voraussetzung heute – unabhängig von der Industrie. Im Handel kann aber derjenige zusätzlich punkten, der Datenbank-Kenntnisse – etwa Access, Tableau, Hadoop – oder Kenntnisse analytischer Tools vorweisen kann. Bei letzterem setzen viele Unternehmen auf BI-Lösungen von Microsoft, SAP, SAS und die Open Source Lösung ‚R‘. Darüber hinaus sind Kenntnisse über Grundkomponenten wesentlicher Back-Office Lösungen wie SAP Hybris förderlich. Wichtig ist aber eher ein Verständnis einzelner Komponenten und ihrer Einbettung in Netzwerke aus einer gesamthaften Sicht, als dass selber Lines of Code geschrieben werden können.
Prof. Dr. Jörg Funder ist seit 2008 Professor für Unternehmensführung im Handel und außerdem geschäftsführender Direktor des Instituts für Internationales Handels- und Distributionsmanagements an der Hochschule Worms.