
Catcalling mag nicht jedem ein Begriff sein, dennoch sind vor allem Frauen beinahe täglich davon betroffen. Unter Catcalling versteht man die verbale sexuelle Belästigung – meist von Männern gegenüber Frauen – die sich durch anzügliche, unerwünschte Kommentare oder Gesten auf Straßen beziehungsweise im öffentlichen Raum äußert. Bisher war diese Form der körperkontaktfreien Belästigung noch nicht verboten, doch jetzt rief die 20-jährige Studentin Antonia Quell eine Petition ins Leben, die Catcalling in Deutschland strafbar machen soll. Ihr Ziel von 50.000 Unterstützenden konnte sie bereits erreichen, dennoch zählt für sie jede weitere Stimme.
Antonia, welche Erfolgschancen siehst du für die Petition?
Je mehr Unterstützer:innen die Petition hat, desto aufmerksamer sind natürlich die Leute, die sich damit beschäftigen. Meine Erfolgschancen rechne ich eigentlich relativ hoch, denn ich Frankreich wurde 2018 ein vergleichbares Gesetz erlassen, das Catcalling strafbar macht und mit Geldstrafen von bis zu 750 Euro ahndet. Das zeigt mir, dass es in der Praxis auf jeden Fall möglich ist und nur am politischen Willen liegt, sollte es scheitern.
Warum ist Catcalling ein so weit verbreitetes Alltagsphänomen?
Ich denke, das ist struktureller und internalisierter Sexismus. Wir gehen davon aus, dass es eine Naturgegebenheit ist, dass Männer eben einfach so sind und dass Frauen sich Catcalling eben gefallen lassen müssen. Bis jetzt ist das noch eine Selbstverständlichkeit, die wenige hinterfragen.
Welche Möglichkeiten gibt es, sich gegen Catcalling zu wehren?
Das muss jeder und jede selber wissen, aber Konfrontation kann – in sicheren Situationen – durchaus etwas bewirken. Spricht man die Menschen direkt auf ihr Verhalten an und hält ihnen quasi „den Spiegel vor“, reflektieren einige ihr Benehmen und merken, dass das, was sie tun, falsch ist. Leider ist das natürlich nicht immer so.
Was war für dich der Auslöser, die Petition gegen Catcalling ins Leben zu rufen?
Das ist zum einen ein persönliches Thema, da ich natürlich auch selber davon betroffen bin. Über verbale sexuelle Belästigung und die eigenen Erfahrungen damit tauscht man sich viel mit seinen Freundinnen aus, und kommt dabei immer wieder zu dem Schluss: Es darf nicht sein, dass sowas passiert, gerade in einem so sicheren Land wie Deutschland. In einem Gespräch erwähnte eine Freundin von mir beiläufig, dass Catcalling in Frankreich bereits strafbar sei. Das hat mich total schockiert, und ich begann, mich in das Thema reinzulesen. Eine Petition ist das einfachste politische Mittel für jemanden, der eigentlich keine politische Bühne hat.
Die Petition läuft noch bis zum 09.10.2020, zu finden unter: https://www.openpetition.de/petition/online/es-ist-2020-catcalling-sollte-strafbar-sein
Text und Interview von Lisa Miethke