Durch neue und anspruchsvolle Bewerbungsprozesse versuchen Unternehmen, in der Bewerbungsflut den passenden Kandidaten für sich zu finden. Daher muss der Anwärter vor der Einladung zum persönlichen Gespräch oftmals erst Prüfungen, Tests sowie Workshops im Assessment Center bewältigen. Doch die erste Hürde für den Bewerber beginnt bereits bei der schriftlichen Bewerbung, denn sachlich-funktionale Positionierungseigenschaften, wie ein guter Abschluss oder In- und Auslandserfahrungen, stellen kaum noch ein Differenzierungspotenzial bei der Bewerberauswahl dar. Somit steigt der Anspruch an die Bewerber. Hinzu kommt, dass der Berufseinsteiger naturgemäß noch keine beruflich gewachsene Kompetenz sowie Erfahrung nachweisen kann. Deswegen muss der Kandidat sichtbar machen, dass er das Können und den Willen für den gewünschten Beruf besitzt. Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.
Ein kleines Praxisbeispiel: Unsere Welt wird heute mehr denn je von Medien und Marken angetrieben, weswegen die Antwort auf die Frage nach dem Berufswunsch klar auf der Hand liegt – „Irgendetwas mit Medien!”. In den letzten zehn Jahren verdoppelte sich die Zahl der Medien-Studierenden und somit auch der Kampf um die Arbeitsplätze. Insgesamt werden innerhalb Deutschlands 870 Studiengänge mit dem Schwerpunkt Medien angeboten.
Dadurch ist besonders in überlaufenen Berufsfeldern wie der Medienbranche der Aufbau einer starken Markenpersönlichkeit essenziell, um als Experte oder Meinungsführer wahrgenommen zu werden. Das bedeutet, der Bewerber muss genau das erreichen, was Unternehmen mit ihren Marken schaffen – und zwar (mit) Authentizität und Einzigartigkeit. Eine Differenzierung von anderen Bewerbern wird daher immer mehr von der persönlichen Vermarktung abhängig. Die Herausforderung ist: Wie mache ich mich selber zur Marke, um mich von anderen Bewerbern abgrenzen zu können?
Marken sind Vorstellungsbilder in den Köpfen der Anspruchsgruppen, die eine Identifikations- und Differenzierungsfunktion bieten und das Wahlverhalten beeinflussen. Der HR-Manager sucht in der Masse das flexible Organisationstalent, das verspricht, sich mit seinem Können und Wollen wertschöpfend für das Unternehmen einzusetzen. Dabei ist Selbstvermarktung heute so aktuell wie nie zuvor und unterstützt das Ziel, sich von der Masse abzugrenzen. Personal Branding bedeutet, zu wissen, wer man ist und dies über klare Botschaften, Ideen und Werte zu vermitteln – denn nur diejenigen, die sich selbst als Marke definieren und dieses stringent nach außen tragen können, werden in der Lage sein, Aufmerksamkeit zu generieren.
Tatsache ist, dass am Ende immer noch der Mensch als Individuum kommuniziert. Wird der Bewerber zum persönlichen Vorstellungsgespräch eingeladen, ist die erste Hürde geschafft. Der Markennutzen (Was biete ich an?) sowie die Markenattribute (Über welche Eigenschaften verfüge ich?) haben somit in den Bewerbungsunterlagen bereits erste Wirkung gezeigt. Der HR-Manager muss nun das Nutzenversprechen des Kandidaten identifizieren und erkennen, worin im Vergleich zu konkurrierenden Mitbewerbern die bessere Leistung vorliegt. Der Bewerber muss alles daran setzen, sein Identitätsmerkmal zu spezialisieren – was in einer Welt voller Individualisten, besonders in der Kreativbranche, schwieriger denn je erscheint. Der Kandidat sollte in der Lage sein, Unternehmen ein klares Erscheinungsbild von sich zu vermitteln, welches sich aus Glaubwürdigkeit, Authentizität und Konsistenz zusammensetzt und damit einen starken und nachhaltigen Eindruck hinterlässt. Bereits erste Erfahrungen in passenden Praktika oder Nachweise als Werkstudent bestätigen ein erstes Können. Durch ein zusätzliches Engagement zeigt der Anwärter den Willen und die Begeisterung für die Branche. Je passender die Qualifikationen, desto stärker können diese als Alleinstellungsmerkmale wirken. Die saubere und differenzierende Aufbereitung spart dem Personaler Zeit bei der Selektion des richtigen Bewerbers. Zudem kann sich der Bewerber durch bestimmte Hobbys abgrenzen, denn vor allem Mannschaftssportarten können als Markenassoziationen aufgeladen werden und Teamfähigkeit unterstreichen.
Die Digitalisierung bietet Chancen und Risiken zugleich. Jeder kann durch soziale Medien zum eigenen Markenmanager werden und hinterlässt dabei seinen persönlichen digitalen Fußabdruck, der jederzeit eingesehen werden kann – auch von Unternehmen. Dadurch werden Geschmack, Talente sowie Erfahrungen sichtbar gemacht. Beim Personal Branding geht es gezielt darum, den eigenen Namen in der Öffentlichkeit zu etablieren. Dafür können bestehende Kontakte über Business-Portale wie Xing oder LinkedIn hilfreich sein, deren Wirkung für Berufseinsteiger zwar begrenzt ist, aber dafür beim Aufbau eines essenziellen Netzwerks helfen kann.
Personal Branding ist ein dynamischer Prozess, weswegen die Weiterentwicklung für ein erfolgreiches Markenbild unabdingbar ist – denn Stillstand bedeutet Rückstand. Ein gewisses Maß an Konsistenz ist jedoch notwendig, der Kern der Identität muss gleich bleiben, ansonsten besteht die Gefahr einer Markenverwässerung. Statt sich ausschließlich am Wettbewerb zu orientierten, sollte der Fokus stattdessen auch auf den persönlichen Stärken liegen. Ansonsten verliert man das Gefühl für die eigenen Stärken und setzt diese nicht mehr konsequent am Markt durch.
Folgende Indikatoren sind für eine effektive Weiterentwicklung erforderlich:
- Der Bewerber muss up-to-date bleiben. Er muss in der Lage sein, Trends zu erkennen und für sich zu nutzen. Um den Kurs nicht zu verlieren, ist eine ständige Filterung der Relevanz wichtig. Im Sinne einer Markendehnungsstrategie erweitert der Bewerber sein Portfolio durch spezielle Zusatzkenntnisse, wie Weiterbildungen.
- Durch einen stringenten Auftritt wird die Ausstrahlungskraft der Marke positiv gestärkt. Qualifikationen können durch vertrauensbildende Maßnahmen wie Zeugnisse belegt werden.
- Die Erweiterung des bestehenden Netzwerks stärkt die Etablierung des eigenen Namens in der Öffentlichkeit.
- Zeugnisse und Referenzen belegen das Können und stellen somit eine Vertrauensfunktion für den Personaler dar.
Um gezielter auf die Wünsche und Bedürfnisse der Anspruchsgruppen reagieren zu können, ist die Differenzierung über eine Einzelmarken-Strategie unvermeidbar. Die Markenführung setzt zwar sachlich-funktionale Positionierungseigenschaften voraus, jedoch müssen diese Eigenschaften um emotionale Markenattribute ergänzt werden. Im ersten Schritt überzeugt der Bewerber durch eine fehlerfreie und gezielte Bewerbung. Im persönlichen Gespräch kann der Kandidat mit seiner Persönlichkeit punkten. Der Markennutzen (Was biete ich an?) und die Markenattribute (Über welche Eigenschaften verfüge ich?) prägen die individuelle Identität: das Rückgrat starker Marken.
Sarah Wittig und Isabelle Naasz studieren beide im 5. Semester Brand Management an der Brand Academy – Hochschule für Design und Kommunikation in Hamburg.
Frau Naasz ist momentan bei brandtouch° GmbH tätig, als Werkstudentin in der Strategie. Sarah Wittig arbeitet ebenfalls als Werkstudentin bei der Interone GmbH.
Quellen:
- Personal Branding, Was ist Personal Branding?, online unter: https://personalbranding.de/was-ist-personal-branding/, zuletzt abgerufen am 07.09.2018.
- Medienstudienführer, online unter: https://www.medienstudienfuehrer.de, zuletzt abgerufen am 07.09.2018.
- tt, Welche Berufe hinter „irgendwas mit Medien“ stecken können, online unter: https://ze.tt/angebote/medientechnik-was-wird-man-denn-damit/, zuletzt abgerufen am 07.09.2018.
- Jiang, M. 2017, Millennial Mindset — Schluss mit dem Generationskonflikt!, online unter: https://medium.com/the-new-worker/millennial-mindset-b764c465f0d1, zuletzt abgerufen am 07.09.2018.
- Sjut, B. 2004, Hauptsache irgendwas mit Medien, online unter:
https://www.deutschlandfunk.de/hauptsache-irgendwas-mit-medien.680.de.html?dram:article_id=34028, zuletzt abgerufen am 07.09.2018. - Fasching, T. 2016, Personal Branding: Wie mache ich mich zur Marke?, online unter: https://www.wuv.de/karriere/personal_branding_wie_mache_ich_mich_zur_marke, zuletzt abgerufen am 07.09.2018.
- Ebitsch, S. 2008, Studienrichtung: Irgendwas mit Medien, online unter: https://www.zeit.de/2008/21/Medien, zuletzt abgerufen am 07.09.2018.
- Esch, F. R. 2014, Strategie und Technik der Markenführung, 8. Auflage, Vahlen Verlag, München.
Artikelbild: rawpixel.com / pexels.com