Bei der Sendung mit der Maus oder auch anderen Formaten hast du bestimmt gelernt, dass Papier aus Holz produziert wird. Dass dies auf Dauer nicht besonders nachhaltig und gut fürs Klima ist – Stichwort Photosynthese – sollte inzwischen klar sein. Eine Gruppe Studierender der Leibniz Universität Hannover hat sich diesem Problem angenommen und verfolgt einen Plan: mit Abfall eine nachhaltige Papierproduktion schaffen.
„Wir sind eco:fibr, ehemals Musa Fibra – ein Team aus Studierenden verschiedener Fachrichtungen der Leibniz Uni Hannover. Begonnen hat alles als ehrenamtliches, außeruniversitäres Projekt als Teil von Enactus Hannover. Unser Team umfasst insgesamt 12 junge Menschen. Aktuell sind wir mit sechs Mitgliedern Teil des Hafven Accelerator-Programms, in welchem wir uns mit Mentor:innen und Expert:innen intensiv auf die Gründung vorbereiten.
Zunächst begann alles mit der Entwicklung eines Prozesses, mit welchem Cellulose aus Bananenabfällen gewonnen wird. Im Zuge von zwei Projektreisen nach Costa Rica wurde uns jedoch ein Problem aufgezeigt und von Plantagenbesitzern bestätigt: Die Abfälle der Ananaspflanze sind den Farmen ein Dorn im Auge, da eine Kompostierung verhältnismäßig lange dauert und den Boden übersäuert. Daher sind viele Farmer genötigt, diese Überreste zu verbrennen oder mit Chemikalien zu trocknen, was aus Umweltperspektive natürlich äußerst kritisch ist. Mit unseren Vorkenntnissen aus der Verarbeitung von Bananenabfällen haben wir unseren Prozess deshalb auf die Ananas umgestellt und immer weiter verbessert. Wir haben ein Verfahren entwickelt, das im Vergleich zur herkömmlichen Holzfasergewinnung deutlich umweltschonender ist und ohne Sulfate, Chlor und umweltbedenkliche organische Lösungsmittel auskommt. Uns ist besonders wichtig, dass wir einen Prozess nutzen, welcher den kleinstmöglichen ökologischen Impact besitzt, weshalb eingesetzte Rohstoffe auch so häufig wie möglich wiederverwendet werden.
Der entscheidende Vorteil im Vergleich zur konventionellen Zellstoffproduktion ist unser Ausgangsmaterial. Da es sich um Abfälle handelt, die sonst keine Verwendung haben, muss für unser Produkt kein Rohstoff angebaut, geschweige denn abgeholzt werden. Um möglichst kurze Transportwege zu haben, möchten wir unsere Produktion in unmittelbarer Nähe zu den Anbaufeldern der Ananas verorten. Hier können wir vor Ort neue Arbeitsplätze erzeugen. Der Export der Cellulose soll außerdem in trockener Form erfolgen, um einen möglichst niedrigen ökologischen Fußabdruck sicherzustellen. Im Allgemeinen sind wir sehr bemüht, die gesamte Wertschöpfungskette umweltfreundlich und fair zu gestalten. Das Endprodukt, die Ananaszellulose, kann letztendlich für die Produktion jeglicher Arten von Papierprodukt verwendet werden.
Mit unserem Projekt sind wir bislang fast ausschließlich auf sehr positives Feedback gestoßen. Wir stehen laufend im Austausch mit verschiedenen Firmen, die alle ihre eigenen Vorstellungen für Einsatzzwecke sehen oder mit uns entwickeln wollen. Das hängt natürlich auch unmittelbar damit zusammen, dass Papier aus Ananas einfach sehr ungewöhnlich und interessant klingt. Daher ist es auch unser Ziel, genau das bei den Endkund:innen sichtbar zu machen. Derzeit sind wir in Kooperation mit einer lokalen Farm in Costa Rica, deswegen können wir verständlicherweise auch noch keine großen Mengen verarbeiten. Wird unser Papier aus nachhaltiger Produktion gut angenommen und nachgefragt, bereiten wir uns auch auf weitere Produktionsstandorte und -varianten vor. Aktuell ist das Bedürfnis für viele Unternehmen, nachhaltigere Produkte zu entwickeln, Rohstoffalternativen zu finden und sich umweltbewusster aufzustellen, groß. Und genau da bieten wir mit unserer Cellulose eine top Möglichkeit. Wenn die Nachfrage steigt und wir unseren Prozess weiter hochskalieren, sehen wir uns definitiv in der Lage, eine realistische Alternative zu Holzzellstoff anzubieten. Bis dahin ist es aber natürlich noch ein weiter Weg.
In einer ideal nachhaltigen Welt bleiben alle Materialien und Rohstoffe in einem Kreislauf. Nichts wird verschwendet und Produktionsprozesse jeglicher Art haben keine negativen Auswirkungen auf Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft. Natürlich können wir das nicht alleine bewirken und eine solche Zukunft ist mit vielen gesellschaftlichen und politischen Transformationsprozessen verbunden. Wir versuchen mit unserem Produkt jedoch Teil dieser Bewegung zu sein. Indem wir etwas anbieten, dessen Rohstoff ein Abfallprodukt ist. Ganz nach unserer Mission ‚Turning waste into purpose‘.“
Hier stellen wir euch die einzelnen Mitglieder noch genauer vor:
Merit Ulmer – 23 Jahre alt – Studiert im Master Life Science mit den Schwerpunkten ‚Biotechnologie‘ und ‚Biologie & Chemie von Naturstoffen‘. Merit war von Beginn an dabei und bezeichnet eco:fibr liebevoll als ihr Baby. Sie schätzt besonders das interdisziplinäre Arbeiten von technischen Aspekten bis hin zu betriebswirtschaftlichen Fragen und die Möglichkeit einen Impact zu schaffen. Als Ausgleich fährt Sie gerne Fahrrad, kocht oder ist in der Natur unterwegs.
Niklas Tegtmeier – 23 Jahre alt – Studiert im Master Pflanzenbiotechnologie mit dem Schwerpunkt ‚Molekularbiologie‘. Niklas hat durch die Exkursionen nach Costa Rica das Abfallproblem auf den Plantagen hautnah miterlebt und ist überzeugt, einen Mehrwert für diesen Reststoff zu schaffen. An intensiven Tagen bekommt er seinen Kopf am besten durch Sport an der frischen Luft oder Treffen mit Freunden wieder frei.
Michelle Spitzer – 27 Jahre alt – Studiert im Master Wasser- Umwelt- und Küsteningenieurwesen mit den Schwerpunkten ‚Abfallmanagement und Siedlungswasserwirtschaft‘ und ist seit einem Jahr bei eco:fibr. Sie kümmern sich zuhause liebevoll um ihre zahlreichen Pflanzen und hat vor kurzem als Ausgleich zum Büroalltag Yoga und Bouldern für sich entdeckt.
Leon Stein – 23 Jahre alt – Studiert im Master Wirtschaftswissenschaften mit den Schwerpunkten ‚Internationale Entwicklungs- und Umweltstudien‘ und ‚Strategischem Management‘. Leon ist seit knapp einem Jahr Teil des Projektes und beschäftigt sich mit sämtlichen Themenbereichen des Business Developments. Darüber hinaus interessiert er sich sehr für nachhaltiges Wirtschaften, Umweltpolitik und Sport.
Inessa Prozorova – 23 Jahre alt – Studiert im Master Wirtschaftswissenschaften mit den Schwerpunkten ‚International Environment and Development Studies‘ und ‚Finance‘. Inessa ist bald seit einem Jahr bei eco:fibr und kümmert sich um das Business Development. In ihrer Freizeit wird sie gerne kreativ tätig und liebt es zu tanzen, egal ob Ballett oder brasilianischer Samba.
Julian Kolbeck – 26 Jahre alt – Studiert im Master Maschinenbau mit den Schwerpunkten ‚Kreislaufwirtschaft‘ und ‚Produktionsmanagement‘ und arbeitet nebenbei als studentische Hilfskraft im Bereich Ökobilanzierung. Julian ist seit zirka einem Jahr im Projekt, interessiert sich für alles an der Schnittstelle von Umwelt/Gesellschaft/Politik und ist großer Fan von japanischer Funkmusik.