„Immer wechselnde Fragestellungen sind ein großes Privileg“
Ein Treffen am Münchner Flughafen: Felix Hasse ist Partner bei PwC, er lebt mit seiner Familie in München, aber sein Team ist mehrheitlich in Düsseldorf beheimatet. Die 45 Minuten vor dem Abflug ins Rheinland nutzen wir, um von ihm zu erfahren, wie man Partner wird und was damit verbunden ist.
Was entgegnen Sie demjenigen, der die Wirtschaftsprüfung in die eher staubtrockene Ecke packt?
Dass es sich um ein Vorurteil handelt, das nicht zutreffend ist. Und wohl auch, dass er genauer hinschauen muss. Ich empfinde meine Aufgaben als PwC-Berater als sehr interessant. Ich darf mich mit vielen interessanten Themen beschäftigen, was ich als absolutes Privileg empfinde. Die Fragestellungen unserer Auftraggeber sind das Gegenteil von staubtrocken.
PwC macht über zwei Milliarden Euro Umsatz in Deutschland. Dies erreicht man nur, wenn man Kunden attraktive Dienstleistungen anbieten kann. Welche Bereiche Ihrer Arbeit finden Sie besonders spannend?
Sicherlich alle Fragen, die sich um die digitale Transformation drehen. Wir beschäftigen uns dabei etwa mit Künstlicher Intelligenz, Data Analytics oder Crowd-Management, um nur einige Themen zu nennen.
Können Sie uns ein aktuelles Beispiel für Crowd-Management nennen?
Es geht beim Crowd-Management darum, Verkehrsströme besser zu erfassen und zu prognostizieren. In den Smart Cities der Zukunft wird es sehr darum gehen, wie man die innerstädtischen Besucher- und Verkehrsströme organisiert. Zuletzt haben wir uns beispielsweise gemeinsam mit der Stadt München damit beschäftigt, wie man mit den Besucherströmen auf dem Oktoberfest intelligent umgeht und den Gästen neue Services bietet. Aus der Zusammenarbeit ist unter anderem die Oktoberfest-App entstanden, die Besuchern alle relevanten Informationen zum Fest liefert. Wir hatten zunächst über eine Meinungsforschung unter den Oktoberfest-Besuchern herausgefunden, welche Funktionalitäten diese am liebsten über eine solche App abgedeckt sehen würden. Was schätzen Sie, was man sich da am meisten gewünscht hat?
Vielleicht, wie lange man in der Warteschlange stehen muss, um in die Zelte zu kommen?
Nicht schlecht. Das gehörte tatsächlich zu den Top 3. Andere wünschten sich eine Tinder-Funktion, diese hat aber keinen wirklichen Nutzen für die Stadt. Nein, das Rennen machte die Funktion, den aktuellen Füllstand in den einzelnen Zelten über die App abzubilden. 180.000 Besucher haben sich die App heruntergeladen, das ist ein toller Erfolg gewesen.
Ein spannendes Projekt. Wie hat sich eigentlich die Beratung verändert seit Ihren Anfangstagen als junger Berufseinsteiger bei Roland Berger?
Die Kunden sind anspruchsvoller geworden. Sie erwarten spezifischeres Fachwissen und sicherlich auch weniger den klassischen Beratertypus traditioneller Management-Prägung. Insgesamt ist die Beratungsbranche dadurch dynamischer geworden. Und die Digitalisierung ist ein Megathema, zu dem es vor 20 Jahren kein Äquivalent gab. Der Bedarf an kompetenter Beratung ist dadurch sicherlich deutlich gestiegen.
Sie haben zwei Kerngebiete, die Sie bei PwC verantworten. Auf der einen Seite sind es Digitalisierungsthemen der Energiewirtschaft, auf der anderen Seite ist es die Betreuung von bayerischen Kunden. Ist diese Vielfalt üblich bei PwC?
Ja, ich empfinde dies aber als sehr reizvoll: Während ich im Energiesektor vor allem Fragen der digitalen Transformation behandle, es also um eine sehr klar definierte Aufgabenstellung geht, ist die Arbeit in Bayern stärker dem Aufbau von Geschäftsbeziehungen gewidmet. Zwischen Industrieunternehmen verschiedener Branchen und dem Public Sector gibt es enorm viele Themen, bei denen PwC unterstützen und beraten kann.
Für Berufseinsteiger ist die Vorstellung verlockend, einmal Partner bei einer WP-Gesellschaft zu werden. Was braucht man dafür, um das zu packen?
Einen Masterplan dafür gibt es nicht. Die Charaktere und Berufswege der PwC-Partner sind dafür viel zu unterschiedlich. Leistungsbereitschaft, Einsatzfreude und Kollegialität sind generell in jeder Branche wichtig, um Karriere zu machen. Aber da verrate ich Ihren Lesern sicherlich nichts Neues.
Neu wäre aber für sie, was für Sie den Beruf des Beraters reizvoll macht.
Das hat sich für mich interessanterweise nie geändert. Für den Beruf habe ich mich entschieden, weil mir die Vorstellung von immer neuen Fragestellungen, wechselnden Kunden und Teams, in denen man arbeitet, damals schon als sehr attraktiv erschien. Dies hat sich glücklicherweise genauso bewahrheitet und macht noch heute für mich den größten Reiz des Beraterberufes aus. Diese Neugierde ist mir immer erhalten geblieben, da unterscheiden sich der Junior Consultant und der Partner nicht.
Fließt eigentlich nur noch Milch und Honig, wenn man Partner ist?
Nein, sicherlich nicht (lacht). Eine der größten Herausforderungen ist, dass man nicht mehr ausschließlich als in seiner Kompetenz geforderter Berater arbeitet, sondern plötzlich auch als Umsatzverantwortlicher in der Kundenakquise gefordert ist und echte Umsatzverantwortung trägt. Das kann für denjenigen, der im Vertrieb kaum Erfahrungen gesammelt hat, eine ganz neue Welt sein, in die man sich erst einmal hineinfinden muss. Als Partner ist man Unternehmer im Unternehmen, aber trotzdem keine Ich-AG: Es geht auch immer darum, andere Partner zu positionieren. Es ist viel Arbeit, viel Verantwortung und wird – das darf man sagen – auch sehr gut vergütet.
Man merkt, dass Ihnen das Thema Vertriebskompetenz wichtig ist.
Ja, durchaus. Bei Vorstellungsgesprächen fällt mir immer positiv auf, wenn Kandidaten bereits Erfahrungen im Verkauf gesammelt haben. Ich habe beispielsweise einen tollen Mitarbeiter, der sich einst im Nebenjob als Handy-Verkäufer etwas zum Studium dazu verdient hat. Bei dem habe ich von Anfang an gespürt, dass er weiß, wie man auf Menschen zugeht. Es geht nicht darum, etwas zu verkaufen, sondern ein gewinnender Mensch zu sein und keine Scheu vor anderen zu haben. Das lernt man sicherlich eher in den Dienstleistungsjobs neben dem Studium als an der Uni.
Warum ist dieses Persönlichkeitsmerkmal so wichtig in der Beratung?
Weil Consulting ein People Business ist. Dazu gehört, dass es einem gelingt, Menschen nicht nur fachlich, sondern auch auf persönlicher Ebene zu erreichen. Kein Auftraggeber hat Lust, es mit reinen Fachidioten zu tun zu haben. Eine gewisse Sympathie füreinander ist wichtig für die Zusammenarbeit.
Welche Freiheiten hat man als Partner und wo enden diese?
Jeder Partner ist selbst verantwortlich dafür, wie er gemeinsam mit seinem Team die Ziele umsetzt. Natürlich gibt es auch den Moment, an dem man die qualitativen und quantitativen Ergebnisse den anderen Partnern mitteilt. Klar, es gibt Umsatz- und Renditeziele, denen man sich als Partner zu stellen hat. Die Grenzen werden über unsere Compliance-Regeln genau definiert. Und natürlich werden auch Partner bewertet.
Wie funktioniert das?
Über eine sehr ausgeprägte Feedback-Kultur. Sowohl Mitarbeiter als auch Kunden werden darum gebeten, meine Arbeit und mein Verhalten ihnen gegenüber zu bewerten. Es gibt definierte Werte, an die sich jeder zu halten hat.
Gleich geht Ihr Flug nach Düsseldorf. Sie haben zwei junge Kinder, Ihre Frau ist Professorin in Passau. Sie leben in München, aber arbeiten in Düsseldorf. Wie bekommt man das hin?
Das klappt meistens gut. Es ist immer jemand von uns in der Nähe der Kinder. Wenn meine Frau an der Uni ist, bin ich für die Organisation des Familienlebens zuständig und sonst hält sie mir den Rücken frei. Man kann sich das alles organisieren; es hört sich in der Tat komplizierter an, als es für uns ist.
Im Rahmen des Oktoberfest-Sicherheitskonzepts hat das Team von Felix Hasse von PwC zusammen mit dem PwC Experience Center, dem offiziellen Stadtportal muenchen.de sowie mit der Stadt München eine Crowd-Management-Lösung, inklusive Smartphone-App, entwickelt. Es entstand die bisher umfangreichste Oktoberfest-App mit allen erdenklichen Informationen für Wiesn-Besucher. Besonderer Service: „Live“ zu sehen, wie voll jedes Zelt ist – und festzustellen, in welchem Zelt die Freunde sind.