Was genau enthält die nichtfinanzielle Erklärung und wie sorgt Transparenz dafür, dass Unternehmen nachhaltiger wirtschaften? Im Center of Competence Nachhaltigkeit bei Ebner Stolz ist man der Kompetenzträger für Unternehmen, die sich den immer detaillierteren regulatorischen Vorgaben stellen müssen. Alexander Glöckner und Anne Meldau gewähren uns einen Einblick in ihre Arbeit und erklären, warum die Mandantenstruktur gerade von Ebner Stolz so abwechslungsreiche Aufgabenfelder bereithält. Verbindendes Element bei beiden ist die Leidenschaft dafür, über ihre Arbeit auch Impulse für eine nachhaltigere Welt zu geben.
Herr Glöckner, Sie sind in diesem Jahr von einer Big4-Gesellschaft in das Center of Competence Nachhaltigkeit von Ebner Stolz gewechselt. Wie hat Ihr bisheriger beruflicher Weg ausgesehen?
Alex: Ich habe direkt nach dem Studium als Prüfungsassistent in der Wirtschaftsprüfung angefangen und war in verschiedenen Rollen und Funktionen fast 22 Jahre bei meinem ersten Arbeitgeber beschäftigt. Natürlich stellt man sich die Frage, ob man einen Wechsel nach so langer Zeit wagen soll. Neben der langjährigen Verantwortung von Jahres- und Konzernabschlussprüfungen war ich in den letzten Jahren überwiegend für die Prüfung und Beratung von nichtfinanziellen Informationen wie Nachhaltigkeitsberichten und nichtfinanziellen Erklärungen verantwortlich, hatte dort ein Team mit aufgebaut und war auch als Sustainability Officer tief in den Themen drin. Jedoch kommt durch die aktuellen regulatorischen Entwicklungen auf den Mittelstand eine sehr herausfordernde Zeit zu. Da war für mich klar, dass ich meine Expertise für diese Mandanten bei Ebner Stolz am besten einbringen kann.
Was gibt die Non-Financial Reporting Directive (NFRD) der EU vor?
Anne: Die Non-Financial Reporting Directive (NFRD) aus dem Jahr 2014 führte zu einer nichtfinanziellen Berichtspflicht bestimmter großer Unternehmen von öffentlichem Interesse. Ab dem Geschäftsjahr 2017 wurde sie durch das CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz in Deutschland eingeführt (§§ 289b, 315b HGB). Damit wurden die Anforderungen an die Transparenz von Unternehmen in Bezug auf ökologische und soziale Aspekte in den sogenannten nichtfinanziellen Erklärungen kodifiziert. Die nichtfinanzielle Erklärung macht konkrete Aussagen und Angaben zu den Aspekten Umweltbelange, Arbeitnehmerbelange, Sozialbelange, Achtung der Menschenrechte und Anti-Korruption und Bestechung erforderlich.
Wird die nichtfinanzielle Berichterstattung Ihrer Erfahrung nach in den Unternehmen als regulatives Übel wahrgenommen oder als Chance, eine neue Kultur zu entwickeln?
Anne: Insbesondere die durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), das Update der NFRD, vorgesehenen detaillierten Berichterstattungspflichten werden von vielen betroffenen Unternehmen als zu komplex und als zusätzliche Bürokratie wahrgenommen. Die Herausforderungen sind schon enorm: Man muss bedenken, dass allein in Deutschland die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen durch die CSRD um ein Vielfaches steigen wird, insbesondere ab 2025 müssen dann alle großen Unternehmen Nachhaltigkeitsinformationen im Lagebericht veröffentlichen. Viele, insbesondere mittelständische Unternehmen, haben hierfür noch keine Prozesse implementiert, geschweige denn Fachpersonal hierfür.
Gleichzeitig erleben wir in unseren Gesprächen beim Mandanten – oftmals auch nach einem anfänglichen „Dies ist für uns eine reine Compliance-Frage“ – sehr häufig, dass das Thema Nachhaltigkeit an vielen Stellen in den Unternehmen schon mitgedacht und gelebt wird. Dann stellt sich zum Beispiel heraus, dass Kunden zunehmend zu Nachhaltigkeitsthemen nachhaken oder fordern, dass an Ratings teilgenommen wird. Oder, dass es Mitarbeitenden und Bewerberinnen und Bewerbern wichtig ist, zu wissen, was das Unternehmen hier schon macht. Häufig kommen wir dann zu dem Schluss, dass eine pragmatische und effiziente Umsetzung der regulatorischen Vorgaben zur Berichterstattung auch helfen kann, das zu bündeln, was insbesondere in regional verwurzelten Familienunternehmen oft als Teil der DNA angesehen wird: Ein nachhaltiges Wirtschaftshandeln als Grundlage einer langfristig strategischen Ausrichtung mit Blick auf kommende Generationen.
Alex: Ganz im Sinne von „Tue Gutes und rede darüber”. Ob dies jedoch durch die Entwürfe zu den Nachhaltigkeitsberichtsstandards („European Sustainability Reporting Standards” oder kurz ESRS) oder die sehr detaillierten, hochgradig komplexen und zum Teil unklaren Vorgaben zur EU-Taxonomie gefördert oder vielleicht doch eher behindert wird, steht noch mal auf einem anderen Blatt.
Das zeigen auch die vielen Antworten zur Konsultation der EU zu den Entwürfen der ESRS. Grundtenor ist hier aus unserer Sicht vor allem die zu große Komplexität und der Umfang der geforderten Angaben, insbesondere für diejenigen Unternehmen, die erstmalig unter die Berichtspflicht fallen werden. Es wird auch kritisch angemerkt, dass die Belastung für in der EU ansässige Unternehmen die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber nicht europäischen Unternehmen negativ beeinflusst.
Welche Rolle spielen Sie als Wirtschaftsprüfer in dem Kontext?
Alex: Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer haben in erster Linie die Aufgabe eines unabhängigen Prüfers der nichtfinanziellen wie finanziellen Berichterstattung. Zudem können Wirtschaftsprüferinnen und Wirtschaftsprüfer dort, wo sie nicht prüferisch tätig sind, den Unternehmen als Berater zur Seite stehen. Eine externe Prüfung unterstützt damit den Aufsichtsrat bei seiner Aufgabe, die nichtfinanzielle Berichterstattung zu überprüfen und steigert die Glaubwürdigkeit der Informationen für andere relevante Stakeholder.
Immer mehr Absolventinnen und Absolventen fragen sich, wie der Beruf einen positiven Beitrag für die Zukunft des Planeten leisten kann.
– Anne Meldau, Ebner Stolz
An welchen Punkten sehen Sie für die oftmals mittelständischen Unternehmen die größten Herausforderungen?
Alex: Mit der deutlichsten Ausweitung der berichtspflichtigen Unternehmen ist im Geschäftsjahr 2025 zu rechnen. Hier werden alle großen Unternehmen berichtspflichtig. Insgesamt sind dadurch schätzungsweise rund 15.000 Unternehmen von der CSRD-Berichtspflicht betroffen. Die größten Herausforderungen sind sicher in der umfangreichen Informationsbeschaffung und den detaillierten Berichtsstandard-Anforderungen zu sehen. Hinzu kommt, dass in den wenigsten Fällen eine strukturierte Nachhaltigkeitsberichterstattung bei den mittelständischen Unternehmen existiert und die personellen Kapazitäten für diese zusätzliche Informationsbeschaffung und -aufbereitung zur Verfügung stehen. Konzernweite Erhebungsprozesse, die prüfungssicher für das Erstberichtsjahr bereitstehen, müssen erst aufgebaut und in etablierte Prozesse überführt werden.
Wie wichtig ist es in der Nachhaltigkeitsberatung, Kompetenzen in Digitalisierung und Technologie mitzubringen?
Anne: Bei der Berichterstattung geht es auch um teilweise sehr komplexe Daten. Ein analytisches Verständnis ist daher wichtig. Anders als in der Finanzberichterstattung sind im Bereich der Nachhaltigkeit zum einen jedoch auch viele Themen qualitativ. Zum anderen wird auch für Kennzahlen häufig auf Excel zurückgegriffen – und das nicht zwingend mit einer schlechteren Qualität. Gerade für Neulinge in der Nachhaltigkeitsberichterstattung schießen spezielle Softwarelösungen oft für teures Geld über den anfänglichen Bedarf hinaus.
Über Ihre Arbeit helfen Sie mit, die Welt ein Stück weit nachhaltiger zu machen, indem Sie die Umsetzung der Richtlinien begleiten. Ist dies ein besonderer Antrieb für Sie?
Alex: Die Umsetzung der Regulatorik macht die Welt sicher nicht in direktem Maße nachhaltiger. Transparenz verschafft aber sicherlich einen gewissen Druck, nachhaltiger zu denken. Wenn wir den nachfolgenden Generationen, insbesondere auch meiner Tochter, eine lebenswerte Welt überlassen wollen, müssen wir bewusster mit den Ressourcen umgehen. Daran besteht kein Zweifel. Daher ist mir ein bewusster und schonender Umgang der verfügbaren Ressourcen wichtig. Es ist schon erschreckend, dass der internationale earth overshoot day dieses Jahr der 28. Juli war. Noch erschreckender, dass dieser Erdüberlastungstag für Deutschland sogar der 4. Mai wäre.
Anne: Mein Werdegang ist für die Branche derzeit vielleicht noch eher ungewöhnlich. Ich habe Politikwissenschaft und Umweltpolitik studiert und hatte schon immer das Ziel, nicht nur privat möglichst nachhaltig unterwegs zu sein, sondern auch beruflich etwas Sinnvolles zu machen. Mir schwebte immer eine Tätigkeit in internationalem Kontext vor. Nach diversen Praktika im UN-Umfeld habe ich für mich dann gemerkt: Internationale Diplomatie und Entwicklungszusammenarbeit sind zwar absolut notwendig und wichtig, für mich häufig jedoch zu langsam und wenig konkret in den realen Ergebnissen. Dies ist in der Wirtschaft definitiv anders. Ich ziehe nach wie vor meine Motivation daraus, dass ich durch meine Arbeit Impulse setzen und Prozesse anstoßen kann, die die Welt im Kleinen tatsächlich etwas besser machen.
Kann eine Absolventin oder ein Absolvent bei Ebner Stolz gerade aufgrund der mittelständischen Strukturen besonders intensiv an Nachhaltigkeitsthemen arbeiten?
Alex: Auf jeden Fall. Nachhaltigkeit wird nicht nur in der Wirtschaftsprüfung eine wichtige Rolle im Tagesgeschäft spielen. Wir betrachten nachhaltige Unternehmenssteuerung stets unter interdisziplinären Gesichtspunkten und beziehen bei Bedarf unsere Expertinnen und Experten aus der Rechtsberatung, Steuerberatung und Unternehmensberatung mit ein. Zu den vielfältigen Nachhaltigkeitsthemen wird es bei den Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteigern sicherlich einige Berührungspunkte geben. Auch eine Spezialisierung als Nachhaltigkeitsexpertin oder -experte ist möglich.
Was macht gerade in dieser unsicheren Welt Ihr Aufgabenfeld so reizvoll – und worauf freuen Sie sich, wenn Sie an die kommenden Jahre denken?
Alex: Durch die vielfältige Mandatsarbeit bleibt es jeden Tag spannend. Man kann und muss sich stets weiterbilden und weiterentwickeln, da die Regulatorik massiv und mit schnellen Schritten voranschreitet. Wir sind der Meinung, dass sich der Beruf der Wirtschaftsprüferin beziehungsweise des Wirtschaftsprüfers diesbezüglich wandeln wird, schon jetzt tauchen Fachfragen zu Nachhaltigkeit im Berufsexamen auf. Dies passt gut zu den Wünschen und Präferenzen der Absolventinnen und Absolventen, denen Nachhaltigkeit vielfach sehr wichtig ist. Für unsere Branche sehen wir daher eine große Chance, für junge Bewerberinnen und Bewerber attraktiv zu sein. Ich freue mich auf die vielen interessanten Profile, die wir mit Sicherheit in Zukunft an Bord holen werden.
An den Hochschulen wird der Bereich des Nachhaltigkeitsreportings oft nur stiefmütterlich behandelt. Was raten Sie denjenigen, die sich noch mitten im Studium befinden und sich so weiterbilden möchten, dass sie sich für Ihren Bereich qualifizieren?
Alex: Es sind mittlerweile viele Masterstudiengänge mit „Schwerpunkt Nachhaltigkeit” national wie international vorhanden. Eine Behandlung von Nachhaltigkeitsthemen in der Bachelor- / Master-Thesis oder bei Projekt- und Hausarbeiten zeigt, ob man sich in diesem Themenfeld gut aufgehoben fühlt.
Anne: Bei Abschlussarbeiten kann man auch gut die Zusammenarbeit mit Unternehmen oder auch mit uns als Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Erwägung ziehen. Auch Praktika oder Werkstudierendentätigkeiten würde ich grundsätzlich empfehlen. Wir haben bei Ebner Stolz auf jeden Fall immer Bedarf an interessanten Profilen, die wir gerne an die Aufgaben in unserem Bereich heranführen. (Anm. d. Red.: Hier geht es zum Karriereportal von Ebner Stolz.)
Das passt sehr gut zur letzten Frage: Warum sollte man sich unbedingt bei Ebner Stolz als ersten Arbeitgeber nach dem Studium bewerben?
Alex: Wir sind aktuell die sechstgrößte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit rund 2.000 Mitarbeitenden in Deutschland und wachsen stetig. Es gibt ein sehr vielfältiges Aufgabengebiet mit starken Menschen mit Ecken und Kanten. Deshalb stehen wir für Freiraum statt Vorgaben. Die Arbeitsatmosphäre bei Ebner Stolz ist stets geprägt von einem guten menschlichen Miteinander. Einer ist für den anderen da, man hilft sich und spürt eine Wertschätzung. Als starkes, kollegiales, hoch motiviertes Team sind wir erfolgreich. Das Thema Nachhaltigkeit steht noch am Anfang und hat deutliches Zukunftspotenzial. Dafür benötigen wir tatkräftige Verstärkung und freuen uns auf interessante Bewerbungen.
Anne: Gerade im mittelständischen Umfeld ist in Bezug auf Nachhaltigkeit noch viel Dynamik drin. Dies bedeutet zum einen viele spannende Projekte und zum anderen die Möglichkeit, sich aktiv einzubringen und mitzugestalten, da vieles erst noch erarbeitet werden muss. Ich weiß, dass viele Absolventinnen und Absolventen sich – genau wie Alex und ich – die Frage stellen, wie der Beruf neben einem Broterwerb auch einen positiven Beitrag zur Zukunft unseres Planeten leisten kann. Dies ist in unserem Bereich auf jeden Fall so und aus meiner persönlichen Erfahrung ist es gerade in so einem Umfeld oftmals einfacher, in einem etwas kleineren Unternehmen zu arbeiten.
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