Das Lebensglück wird maßgeblich davon beeinflusst, wie erfüllend der Beruf ist. Wer mit Leidenschaft und Freude seinen beruflichen Aufgaben nachgeht, hat eine deutlich höhere Lebenszufriedenheit. Wie man erfolgreich dabei vorgeht, diesen Job zu finden, erklärt Professor Alexander Bazhin.
Wo liegen meine Kompetenzen und wie entwickle ich meine Potentiale, so dass ich einen Beruf finde, der mich glücklich macht? Eine Antwort auf diese zwei Fragen findest du durch Beantwortung der drei folgenden W-Fragen: Worüber verfüge ich? Welches sind meine Talente und Fähigkeiten? Welche persönlichen Ressourcen stehen mir überhaupt zur Verfügung? Wenn du die Antworten auf diese Fragen klipp und klar vor Augen hast, solltest du keine großen Probleme im Beruflichen haben. Aber manchmal ist es nicht so ganz einfach, diese Fragen zu beantworten. Deswegen der Reihe nach.
Fähigkeiten, Talente und Kompetenzen einordnen
Unter ‚Fähigkeit‘ versteht man eine geistige, praktische Anlage, die zu etwas befähigt. Talentiert oder begabt zu sein bedeutet, mit persönlichen Fähigkeiten ausgestattet zu sein, die bestimmte Leistungen ermöglichen. Talente befähigen Menschen, in einer spezifischen Art und Weise zu denken, zu fühlen, wahrzunehmen und sich zu verhalten. Natürlich lassen sich Fähigkeiten auch durch Lernprozesse vermitteln. Aber jeder kennt es von sich selbst: Manche Menschen sind einfach begabter für Dinge als andere, obwohl diese sich noch so sehr mühen.
Auf welche Fähigkeiten kommt es im Beruf besonders an? Nun, diese Frage lässt sich nicht so ohne weiteres beantworten, da natürlich jeder Beruf andere Fähigkeiten erfordert. Aber berufsunabhängig sind es vor allem die vier Persönlichkeitseigenschaften Autonomie, Verantwortung, Kooperationsfähigkeit und Authentizität, die maßgeblich für die Interaktion mit anderen Menschen sind, die einem im Berufsleben begegnen. Talente und Fähigkeiten beeinflussen eine Persönlichkeit natürlich, sodass man sich die Frage stellen sollte, inwieweit die eigenen Fähigkeiten und Talente einen dabei unterstützen, in den vier genannten Persönlichkeitseigenschaften Kompetenzen zu entwickeln. Mit der Begrifflichkeit der „Kompetenzen” kommt ein neuer Baustein ins Spiel, der sich auf die Schlüsselkompetenzen – oder, wer mag, auf die Soft Skills – bezieht und die Art und Weise, wie ein Mensch etwas macht.
Wer seine Talente, Fähigkeiten und Kompetenzen weiterentwickelt, formt damit auch seine Persönlichkeit. Seien wir ganz ehrlich: Wer an dieser Weiterentwicklung kein Interesse hat, wird sich auch als Persönlichkeit nicht weiterentwickeln. Und damit von vorneherein sich beim Ziel, den Beruf zu finden, der einen erfüllt, in den Auswahlmöglichkeiten beschneiden.
Feedback vom Umfeld
Wir nehmen oft gar nicht wahr (oder manchmal erlauben wir uns auch nicht), anzuerkennen, dass wir Eigenschaften besitzen, die ein besonderes Talent darstellen. Warum tun wir dies? Oft liegt dies daran, dass wir zu sehr mit uns selbst beschäftigt sind, um die Rückmeldungen unseres Umfeldes wahrzunehmen. Denn oft erkennen Freunde oder Familie etwas in uns, was uns selbst – da es uns ja so vertraut ist – nicht besonders erwähnenswert erscheint. Es ist deshalb enorm wichtig, von unseren Mitmenschen Feedback bezüglich unserer Talente und Fähigkeiten einzuholen! Trau dir, gezielt nachzufragen, wofür du in den Augen der Menschen stehst, die dich besonders gut kennen. Du kannst auch eine Liste mit fünf Talenten anfertigen, die du dir selbst zubilligst, und dir nahestende Menschen darum bitten, dazu Stellung zu nehmen.
Warum ist diese Reflektion so wichtig dafür, sich selbst auf dem Arbeitsmarkt zu positionieren? Weil Arbeitsverhältnisse auch ein Stück weit „plötzliche Realität” für Absolventen bedeutet, die vorher behütet an ihrer Hochschule studiert haben. Natürlich können wir Träume davon haben, wie wir als Mensch sein sollten, um einen bestimmten Traumjob mit Bravour auszuüben. Es wäre in unserem Leben bestimmt alles möglich, wenn es die Realität nicht gäbe: Die Realität in Form von nicht beeinflussbaren Rahmenbedingungen übt auf uns enormen Druck aus und reguliert manchmal nicht nur unsere Bedürfnisse, sondern auch die Entfaltung unserer Talente und das Ausleben unserer Fähigkeiten.
Autor Alexander Bazhin ist Vorstandsvorsitzender der Akademie für Schlüsselkompetenzen im Studium, Beruf und Leben ASK! e.V. (www.a-s-k.org)
Das Konzept des beruflichen Erfolgs
Der berufliche Erfolg wird maßgeblich davon bestimmt, wie man die Anerkennung der eigenen Persönlichkeit, die realistische Einschätzung der Fähigkeiten, die Zielsetzung und den effizienten Umgang mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen gestaltet. Die Schlüsselkompetenzen beinhalten dabei die Motivation, das Selbstvertrauen und den gesunden Umgang mit Stress.
Elementar auf dem Weg zum passenden Beruf ist die Eliminierung unserer „inneren Widersacher“. Dies sind Denkfehler, die uns an der Entfaltung unserer Begabungen hindern. Diese inneren Widersacher ängstigen uns manchmal sogar und halten uns in starren Mustern gefangen. Damit stehen sie einem positiven Selbstwertgefühl im Wege. Anstatt an ihnen zu verzweifeln, können wir sie auch als Wegweiser begreifen, die uns zeigen, in welchen Bereichen wir in unsere persönliche Weiterentwicklung investieren müssen.
Der Weg zum Erfolg führt einerseits darüber, was uns antreibt; dies sind Bedürfnisse, die wir befriedigen wollen. Andererseits brauchen wir die für den Beruf notwendigen Schlüsselkompetenzen. Wenn es der Beruf erlaubt, dass wir unsere angeborenen Begabungen im Job einfließen lassen können, macht uns das glücklich. Idealerweise sollte schon die Wahl des Studienfachs für Zufriedenheit und Glück gesorgt haben, wenn man sich bei einem Arbeitgeber bewirbt.
Im Allgemeinen sind glückliche Menschen im Beruf besser aufgestellt als deren unglückliche Counterparts. Es fängt schon an, bevor wir eine Stelle angenommen haben: Die Glücklichen investieren mehr Zeit und Energie in die Stellensuche, sie aktivieren ihr Netzwerk und nutzen ihre sozialen Kontakte. Sie sind stark und zielstrebig, sowohl in der Suche nach Stellen als auch in den Vorstellungsgesprächen. Demzufolge haben glückliche Menschen mehr Jobangebote zur Auswahl als weniger glückliche Menschen.
Auch während des Arbeitsverhältnisses unterscheiden sich die Glücklichen von Nicht-Ganz-Glücklichen in der Einstellung zur Arbeit sowie in ihrer Arbeitsweise. Die kognitiven Stärken, wie verbessertes problemlösendes und abstraktes Denken sowie höhe Kreativität, zeichnen die glücklichen Menschen im Beruf aus. Sie zeigen bei der Arbeit hohe Produktivität und vermehrte Qualität. Gegenüber Kollegen, Mitarbeitern und Vorgesetzten verhalten sie sich stark prosozial.
Dort, wo der Beruf sich mit der Berufung trifft und vereint, entsteht das ersehnte berufliche Glück. Beenden möchte ich meinen Beitrag mit einem Gedanken: Der optimale persönliche Zustand, insbesondere im beruflichen Kontext, wäre dort, wo der berufliche Erfolg den allgemeinen Glückszustand bewirkt. Man muss damit nicht einverstanden sein, in meinem persönlichen Fall ist es doch die Wahrheit.