Der Steuerberaterberuf steht im Zeitalter der Digitalisierung und künstlichen Intelligenz (KI) vor neuen Herausforderungen. Während automatisierte Lösungen und KI-gestützte Serieneinsprüche Einzug halten, bleibt der Mensch bei komplexen, gestaltenden Fragestellungen weiterhin unverzichtbar. Erfolgreiche Steuerberater:innen müssen in Zukunft maßgeschneiderte, individuelle Lösungen anbieten, die über Standardansätze hinausgehen. Professor Dr. Wilhelm Schneider von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg teilt seine Gedanken.
Lohnt es sich noch, Steuerberater:in zu werden oder glauben Sie an eine Konsolidierung des Marktes, unter anderem durch die Digitalisierung?
KI-generierte Serieneinsprüche dürften nicht in allen Fällen zum Erfolg führen. Vielmehr obliegt der Steuerberaterin oder dem Steuerberater, nach profunder Recherche, auf den Einzelfall eingehend, dem Mandanten oder der Mandantin eine auf ihn oder sie zugeschneiderte Lösung zu erarbeiten.
Insbesondere komplexe und gestaltende Sachverhalte, werden Menschen weiter analysieren und prospektiv strukturieren. Hier muss die KI zwangsläufig versagen, denn die derzeitigen Modelle sind ja auf bestehende Gestaltungen angewiesen, die sie in ihrem Modell verarbeiten können.
Eine Konsolidierung erwarte ich für alle Branchen, die KI nutzen. Der Kunde oder die Kundin wird ein feines Gespür entwickeln, ob Ansprechpartner oder Ansprechpartnerin sich die Mühe einer persönlichen Lösung, die bei der passenden Ansprache beginnt, gemacht hat – oder nur KI-generierte Standardlösungen anbietet, die gegebenenfalls der Mandant oder die Mandantin selber anwenden können. Diese Berufsangehörigen werden vom Markt verschwinden, diejenigen jedoch, die maßgeschneiderte, persönliche und innovative anbieten, werden überleben.
2024 wurde die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg im Manager Magazin zum dritten Mal in Folge zu einer der zehn besten Fachhochschulen des Landes für die Ausbildung im Fach Wirtschaftsprüfung gekürt. Unsere Redaktion gratuliert ganz herzlich.
Prof. Dr. Wilhelm Schneider studierte Wirtschaftswissenschaften in Göttingen, wo er 1993 promovierte. Er sammelte berufliche Erfahrung bei der Deutschen Bank und Dresdner Bank, zuletzt als Abteilungsdirektor. Seit 2001 lehrt er an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg mit Schwerpunkt auf Rechnungswesen und Unternehmensbesteuerung. Seine Forschung umfasst internationale Rechnungslegung, Bilanzanalyse und Unternehmensbewertung.
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