Tamara Denić (Bild) ist Nachwuchsregisseurin aus Berlin. Dieses Jahr ist sie unter den Gewinnern des internationalen Studenten-Oscars. In Tamaras ausgezeichneten Kurzfilm „Istina” geht es um eine Fotojournalistin, die in Belgrad von rechtsextremen Gruppierungen bedroht wird und mit ihrer Tochter nach Deutschland flieht. Ein Gespräch darüber, warum es sich lohnt, Widerstände auf dem Weg zum beruflichen Ziel zu überwinden.
Tamara, erzähl’ uns bitte zum Einstieg ein wenig von dir.
Als Kind habe ich schon meine Leidenschaft für Tanz und Theater auf der Bühne ausgelebt seit der Schulzeit eigene Animationsfilme gezeichnet. 2016 schloss ich meinen Bachelor in Kunst und Multimedia in München ab. 2016 zog ich dann nach Berlin und habe unter anderem als Synchron-Aufnahmeleiterin, Film- und Redaktionsassistentin und Video-Editorin gearbeitet. Nebenher spielte ich in freien Theatergruppen mit und experimentierte mit Videoperformances, Videoinstallationen und VJing, bevor ich mich zunehmend für den narrativen Film zu interessieren begann. 2020 dann das Regiestudium an der HMS, welches ich letzten Oktober mit „Istina“ abschloss.
Für „Istina” hast du den Studenten-Oscar, einen der begehrtesten Preise für Nachwuchs-Regisseur:innen gewonnen. Wie hast du darauf reagiert?
Ich war auf einer Geburtstagsfeier einer Freundin, auf einem Boot mitten auf dem Müggelsee, als ich einen Anruf von meinem Producer bekam, dass wir Finalist:innen sind. Ein besseres Setting hätte es nicht geben können. Dass wir unter den drei Gewinnerfilmen waren, erfuhr ich über einen Zoom-Call, den die Academy als Interview über uns und unsere Filme tarnte. Wir waren alle völlig aus dem Häuschen, aber mussten es noch vor der offiziellen Verkündung für uns behalten. Am gleichen Abend hatten wir ein Screening in Hamburg und konnten anschließend im Team anstoßen.
Was planst du als Nächstes?
Momentan entwickle ich gemeinsam mit dem Autoren Florens Huhn den Stoff zu meinem Debütfilm und hoffe, dass das alles mit Förderung und Co. klappt.
Wir drücken dir auf jeden Fall die Daumen! In „Istina” geht es um Gewalt, Rechtsextremismus, Migration und wie der Name schon sagt, Wahrheit. Was bedeutet der Film für dich?
Das Thema der Pressefreiheit bzw. Bedrohung von Pressevertreter:innen hat mich sehr angesprochen. Denn wir alle konsumieren Medien, lesen Nachrichten und haben dabei auch reichlich Auswahl. Was gut und wichtig ist, aber keine Selbstverständlichkeit sein sollte, auf der wir uns ausruhen. Denn durch die Verbreitung von Fake News, Verschwörungsideologien und sogenannter alternativer Medien wächst die Skepsis gegenüber der freien Presse in Deutschland, was ich sehr beunruhigend finde.
Fast alle kennen wahrscheinlich irgendjemanden aus der Familie oder Bekanntenkreis, der oder die Journalist:innen für Lügner:innen halten, vor allem seit der Coronaproteste. Mittlerweile ist es fast Arbeitsalltag für Journalist:innen, die ihren Schwerpunkt auf die rechte Szene oder AFD legen, angefeindet und attackiert zu werden. Aus einem Land stammend, in dem die Pressefreiheit durch eine rechte Regierung quasi aktiv verhindert wird, beunruhigt mich diese Entwicklung. Auch das Thema Migration behandeln wir im Film, welches mir selbst sehr nah ist, da ich 1992 selbst mit meinen Eltern vor dem Jugoslawienkrieg geflohen bin.
„Geh nicht zu streng mit dir um!“
Unsere Leser:innen sind selbst noch Studierende mit Zielen und Träumen. Was gibst du ihnen auf den Weg?
Wir leben in einer immer schnelllebigeren Zeit, in der wir umgeben sind von Leistungs-, und Selbstoptimierungsdruck. Manchmal aber brauchen Dinge seine Zeit und manchmal braucht man dafür einen sehr langen Atem, vor allem wenn die Träume groß sind. Bei mir hat es erst Mitte Zwanzig „Klick“ gemacht, dass ich Filmregisseurin werden will. Ich wurde von drei Filmhochschulen insgesamt fünfmal abgelehnt. Bis ich mich dann in Hamburg bewarb und die richtige Schule für mich gefunden hatte. Hätte mir jemand vor fünf Jahren gesagt, dass ich einen Student-Oscar gewinnen würde, hätte ich die Person wohl ausgelacht. Also: Lass dir Zeit und geh nicht zu streng mit dir um. Und wenn es wirklich der große Traum ist, verliere nicht den Mut, ihn weiterzuverfolgen.
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