Eine abwechslungsreiche Karriere erwartet Absolventen in der Gamesbranche
Es ist noch nicht allzu lange her, da stand es um den Ruf der Gamebranche nicht gut. Meldungen über Amokläufer, die vor ihren Anschlägen angeblich nächtelang Ego-Shooter gespielt hatten, schürten reihenweise Vorurteile von Politikern und Pädagogen. Klischees gibt es heute noch. Doch die Mär vom Nerd, der vereinsamt in seinem Zimmer hockt und zockt, ist heute längst nicht mehr haltbar.
Laut der letzten Untersuchung des BUI, dem Bundesverband für interaktive Unterhaltungssoftware, spielt jeder zweite Deutsche – ob nun am Computer, der Konsole oder mobil – regelmäßig, das sind immerhin 34 Millionen. Games begeistern in Deutschland Frauen wie Männer, auch das Alter spielt keine Rolle. Spielen ist schon lange kein Kinderkram mehr, sondern ein Hobby für alle Altersschichten. Mittlerweile stellen sogar die über 50-jährigen die größte Gruppe der Spieler, das Durchschnittsalter liegt bei über 35 Jahren. Auch der Umsatz der
Branche in Deutschland hat sich seit 1995 rasant entwickelt. 2016 lag er erstmals bei über zwei Milliarden Euro.
Wer sich entschieden hat, in dieser Branche Fuß zu fassen, hat mit Sicherheit eine abwechslungsreiche Karriere vor sich. Denn gute Spieleentwickler sind gefragt. Game Designer sind die kreativen Köpfe und für Planung und Ausführung verantwortlich. Sie entwerfen die Spielregeln, basteln an der Dynamik, gestalten die
Interaktionsmöglichkeiten, erarbeiten Inhalte und Charaktere, entwickeln die Geschichte und formen Spielwelten. Gefragt sind vor allem interdisziplinäre Kompetenzen, die enge Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Gewerken und auch Verständnis für Programmierung und Grafik sind unabdingbar. Alles Fähigkeiten, die nicht mehr nur für die Entwicklung von Computerspielen im Entertainmentbereich gefragt sind, sondern auch darüber hinaus. Mittlerweile findet sich eine Reihe von Betätigungsfeldern auch außerhalb der klassischen Spielebranche.
Die Fähigkeiten von Game Designer sind auch außerhalb ihrer Branche gefragt
Zwei Trends, die das ganz gut zeigen und sich schon seit Jahren beobachten lassen, sind Gamification und Serious Games. Es ist kein Geheimnis, dass sich die Motivation für ganz unterschiedliche Tätigkeiten durch die Integration von spielerischen Elementen deutlich steigern lässt und das Erlebnis von Erfolg sich positiv auf das Lernziel auswirkt. In Serious Games werden Kenntnisse getestet, Prozesse eingeübt und überprüft, Informationen vermittelt – und das auf eine Art und Weise, die Spaß macht. Kurz: sie vermitteln ganz spielend Wissen. Es dürfen Fehler gemacht werden, die in der Realität unter Umständen fatale Folgen hätten. Denkt man hier beispielsweise an das Einsatztraining von Feuerwehr, Polizei und Katastrophenschutz oder Operationen von Ärzten.
Auch in Unternehmen kommen Serious Games immer häufiger zum Einsatz. Ob nun Angestellte den Umgang mit Kunden lernen oder Personaler ihr Recruiting mit Bewerbertests in Form von Videospielen ergänzen. Ferner unterstützen solche Spiele auch das Lernen in der Schule: von Sprachlernprogrammen bis hin zu anschaulichen und verständlichen Erklärung von politischen oder sozialen Ereignissen und anderen Lernstoffen. Mit Virtual Reality und Künstlicher Intelligenz fließen zwei weitere Technologien, mit denen die Spielebranche schon seit Jahren experimentiert und Erfahrungen sammelt, in klassische Medienbereiche und Industrien ein. Die Einsatzgebiete sind vielfältig: in der Medizin, der Architektur, der Kunst, der Bildung, der Arbeitswelt oder in sozialen Netzwerken – die Aufzählung ließe sich noch weiter führen. Bereits heute zeigen spannende Anwendungen in der Medizin, wie der Einsatz von VR-Brillen in der Schmerztherapie oder zur Behandlung von Phobien, das Potenzial dieser Technologien. Und durch kontinuierliche Weiterentwicklung von VR und KI werden die Anwendungsgebiete noch weiter wachsen.
Game Design: Systemisches Denken ist ein wesentlicher Faktor
Nach und nach werden klassisch analoge Branchen und Berufszweige von der Digitalisierung erfasst und stehen somit vor tiefgreifenden Veränderungen. Spiele als organisch digitale und interaktive Medien sind die perfekte Metapher der digitalen Revolution. Sie sind heute die Medien, die unsere vernetzte, globalisierte Welt im Ganzen abbilden können. Dynamische Systeme werden erfahrbar, Probleme und Sachverhalte können von allen Seiten betrachtet werden. So wird eine virtuelle Erfahrung zu einer realen und unterstützt in der Ausbildung von ganz unterschiedlichen Fähigkeiten und Kompetenzen.
Für diesen Transfer braucht es die Game Designer. Sie müssen in ihrer Arbeit die Bedürfnisse und die Motivation von ganz unterschiedlichen Benutzergruppen berücksichtigen und komplexe digitale und soziale Gebilde entwerfen und handhaben. Denn nur wenn eine Interaktion mit dem Nutzer aufgebaut wird, ist die Anwendung erfolgreich. Systemisches Denken ist hier ein wesentlicher Faktor. Spieleentwickler setzen sich mit den komplexen Herausforderungen der Zukunft auseinander. Ein Studium des Game Designs bereitet bestens auf die unbekannte digitale Zukunft vor.
Csongor Baranyai leitet seit 2016 den Studiengang Game Design an der UE University of Applied Sciences Europe. Seit 2015 half er den Studiengang mit aufzubauen, damals noch an der BTK Hochschule für Gestaltung, die im Frühjahr 2017 in der UE aufging. Seine berufliche Laufbahn startete Csongor Baranyai mit dem Schreiben von Kurzgeschichten und später als Musikjournalist für verschiedene ungarische Zeitungen und Zeitschriften. Von 1999 bis 2005 studierte er Drehbuch/Dramaturgie an der HFF Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam Babelsberg. Danach arbeitete er als Spieledesigner und Konzepter. Ab 2009 arbeitete er als Dozent für Spiel- und Systemdesign, interaktive Narration und multimediales Storytelling sowie als Leiter des Weiterbildungsprogrammes für interaktive Medien an der ifs internationale filmschule köln.
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