Als Nachfolgerin von Kevin Kühnert ist Jessica Rosenthal im Januar diesen Jahres zur neuen Juso-Chefin gewählt worden. Die 28-Jährige ist Lehrerin an einer Bonner Gesamtschule und sorgt sich darum, dass Bildung in Deutschland während der Pandemie „offenbar keine Priorität besitzt”. Sie gilt als entschiedene Gegnerin der Großen Koalition und empfindet „unser Wirtschaftssystem als hochgradig ungerecht”. Eine ihrer zentralen Forderungen ist die staatliche Jobgarantie.
Du bist seit diesem Jahr Bundesvorsitzende der Jusos. Welche persönlichen Ziele und Hoffnungen verbindest du mit deinem politischen Engagement?
Als Juso-Bundesvorsitzende kämpfe ich zusammen mit meinem Verband für eine gerechtere Welt. Jede:r soll alles aus dem eigenen Leben machen können – unabhängig vom Einkommen der Eltern. Wir streiten für eine umlagefinanzierte Ausbildungsgarantie, massive Investitionen in unsere Bildung und ein elternunabhängiges BaFög. Wir wollen unsere wirtschaftlichen Verhältnisse grundsätzlich verändern, den Kapitalismus überwinden. Dafür muss Schluss sein mit der Ausbeutung und der Zerstörung unserer Natur. Arbeitnehmende sollen viel stärker mitbestimmen, auch in der Wirtschaft, Löhne steigen, Arbeitszeit verkürzt werden – sodass wir mehr Zeit für Familie, Demokratie und Freizeit haben. Als Antifaschistin stelle ich mich und stellen wir uns überall Hass, Hetze und Rassismus entgegen, wollen Zusammenhalt statt Spaltung. Als Feministin stehe ich für konsequente Gleichstellung. Dafür kämpfe ich an der Seite von 75.000 Jusos.
Wird die Demokratie Schaden nehmen durch das Staatsversagen während der Pandemie?
Einige Minister:innen, darunter allen voran Peter Altmaier (CDU), Anja Karliczek (CDU) und Jens Spahn (CDU), bekommen die Krise nicht in den Griff. Es fehlt an Tests, an einer Impfstrategie, an Öffnungskonzepten für Schulen, Unterstützung von Studierenden, an der rechtzeitigen Auszahlung von Unternehmenshilfen. Viele Entscheidungen sind nicht nachvollziehbar. Warum wurden zum Beispiel die Schulen geöffnet, bevor es Tests für alle Lehrkräfte und Schulkinder gab? Ich glaube, dass da einiges an Vertrauen verloren geht. Gleichzeitig zeigen Kurzarbeitergeld und andere SPD-Projekte wie Olaf Scholz‘ Finanzbazooka, dass auch manches richtig läuft in der Krisenbekämpfung. Deshalb würde ich nicht von einem Staatsversagen sprechen.
„Es hat mir immer Sicherheit gegeben, zu wissen, dass ich mich auf ein Netzwerk verlassen kann“
Wenn du aus deinen eigenen beruflichen Erfahrungen einen Tipp für Berufseinsteigerinnen ableiten müsstest, welcher wäre das?
Mein Rat an Berufseinsteiger:innen: Bildet Banden! Es hat mir immer sehr viel Sicherheit gegeben, zu wissen, dass ich ein Netzwerk habe, auf das ich mich verlassen kann, das mich bei wichtigen Schritten unterstützt. Und es ist verdammt schön, nicht nur von den Erfahrungen anderer zu lernen, sondern auch selbst weiterzugeben, was man über die Jahre erlebt und erlernt.
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