Dr. Christiane Eckert, Leiterin Produktionsstrategie und Umwelt in der Konzern Produktion der Volkswagen AG, spricht über ihren Karriereweg, den Umweltschutz, Diversity und ihre Vorbilder.
Frau Dr. Eckert, bitte beschreiben Sie unseren Leser:innen eingangs Ihren Werdegang.
Aufgewachsen bin ich in Hannover und habe nach meinem Abitur Umweltschutztechnik studiert. Promoviert habe ich am Institut für Chemische Verfahrenstechnik der Technischen Universität Clausthal-Zellerfeld mit dem Schwerpunkt der Brennstoffzellenentwicklung. Schon während meiner Doktorarbeit habe ich bei der Volkswagen AG gearbeitet. So war der Berufseinstieg bei VW für mich ein logischer Schritt. Die ersten drei Jahre lag mein Tätigkeitsbereich, passend zu meiner Promotion, in der Brennstoffzellenforschung. Danach folgten Stationen als Planerin für die Komponentenstandorte, Vorstandsreferentin im Bereich der Konzern Produktion und die Leitung von Kleinserienprozessen im Bereich Produktion Ausland. Seit 2016 verantworte ich den Bereich der Produktionsstrategie der Konzern Produktion. Im Jahr 2018 ist zusätzlich das Themenfeld Umweltschutz in der konzernweiten Produktion und Logistik dazugekommen.
Wie würden Sie Ihren Karriereweg beschreiben?
Rückblickend kann man sagen, dass mein Weg recht klassisch verlaufen ist. Wichtig war mir immer, dass mir meine neuen Tätigkeitsfelder Freude bringen, ich Neues lernen kann und auch meine Komfortzone verlasse, um mich persönlich weiterzuentwickeln. So bin ich von der Forschung in konkrete Fahrzeugprojekte gewechselt, habe als Referentin für den Vorstand der Konzern Produktion gearbeitet und schließlich Führungsaufgaben innerhalb der Produktion übernommen. Aus meiner Sicht ist es wichtig, offen für Neues zu sein, Herausforderungen als Chance zu sehen und spannende Aufgaben dem vermeintlichen Karriereplan vorzuziehen. So ergeben sich andere Perspektiven und neue persönliche Möglichkeiten.
Was denken Sie: Welche Faktoren sind in Ihrem Leben entscheidend für Ihren beruflichen Erfolg?
Ganz klar, Neugier. Sie ist für mich der Türöffner für den beruflichen Erfolg. Mit Neugier verbinde ich: Offen sein für Neues, aufgeschlossen sein für Veränderungen, immer weiter dazuzulernen und Lust zu haben, sich fachlich und menschlich weiterzuentwickeln. Weitere wichtige Faktoren sind Disziplin, Ausdauer und Kreativität. Für mich sind es die Kernkompetenzen, die für eine erfolgreiche Karriere ausschlaggebend sind. Persönlich hatte ich das Glück, dass meine Vorgesetzten mein persönliches Engagement schätzten, meine Stärken förderten und mich mit zusätzlichen Aufgaben forderten. Das hat mir sehr geholfen, mich zu entwickeln.
Heute sind Sie Leiterin der Konzern Produktionsstrategie und Umwelt der Volkswagen AG. Was gefällt Ihnen an Ihrem Aufgabengebiet besonders?
Besonders gefällt mir die Themenvielfalt. Gemeinsam mit meinem Team steuern wir die markenübergreifende strategische Ausrichtung der konzernweiten Produktion und Logistik des Volkswagen Konzerns mit unserer Produktionsstrategie 2030. So gehen wir gemeinsam mit den Marken und der Region China des Volkswagen Konzerns den Weg in Richtung Zukunft. Und zwar: klimaneutral, digital und profitabel. Auch liegt die Gesamtverantwortung für Umwelt im Vorstandsbereich Konzern Produktion. Alle Umweltthemen werden bei uns zentral zusammengeführt, koordiniert und gesteuert. Darüber hinaus machen wir mit unserer internen Kommunikation die Themen der Produktion sichtbar, organisieren Informationsveranstaltungen und vernetzen die Mitarbeitenden der weltweiten Fertigung mit unterschiedlichen Dialog-Formaten. Ein weiterer Baustein unserer Arbeit ist die Erstellung von Programmen für die weltweite Mitarbeiterrotation und die Themen Diversity sowie Kompetenzentwicklung in der Produktion des Volkswagen Konzerns. Wir blicken also auch deutlich über den Tellerrand des Tagesgeschäfts hinaus und arbeiten im weltweiten Produktionsverbund. Das macht es immer wieder spannend.
Der Volkswagen Konzern hat es sich zum Ziel gesetzt bis zum Jahr 2050 bilanziell CO2-neutral zu sein. Welche Zwischenziele auf diesem Weg wurden schon erreicht? Welche größeren Hürden sind bis dahin noch zu nehmen?
Die Automobilindustrie wandelt sich – weg vom Verbrennungsmotor hin zur E-Mobilität. Damit leistet unsere Branche einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels. Als einer der größten Autobauer der Welt wollen wir unserer Verantwortung diesbezüglich gerecht werden. Der Volkswagen Konzern hat sich klar zum Pariser Klimaabkommen und dem Green Deal der Europäischen Union bekannt. Das Ziel: Bis 2050 bilanziell CO2-neutral zu sein. Neben der Elektrifizierung der Produkte gehören die CO2-Reduktion von der Lieferkette und Produktion bis hin zum Recycling zu den wesentlichen Instrumenten, um das zu erreichen. Bis 2030 werden wir die CO2-Bilanz pro Fahrzeug über den gesamten Lebenszyklus um 30 Prozent reduzieren. Das sind ambitionierte Ziele. Aktuell ist die Produktion an den Standorten Brüssel, Crewe, Dresden, Győr, Sant’Agata Bolognese, Vrchlabí, Zwickau und Zuffenhausen komplett bilanziell CO₂-neutral gestaltet. 53 unserer 120 Werke beziehen bereits ausschließlich erneuerbaren Strom. Innerhalb der nächsten zwei Jahre werden die Produktionsstandorte in Europa zu 100 Prozent auf Grünstrom umgestellt.
Welchen Stellenwert haben gemischte Teams Ihrer Meinung nach für den Erfolg Ihres Unternehmens?
Einen sehr hohen. Ich bin überzeugt: Innovationskraft, Kreativität und Leistungsstärke leben von Vielfalt. Sie ist einer der Schlüssel für die Attraktivität und den wirtschaftlichen Erfolg. Vielfalt in Unternehmen ist dann erreicht, wenn die richtige Person zur richtigen Zeit am richtigen Ort die richtige Stelle innehat – unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrem kulturellen Hintergrund oder anderen Diversity-Dimensionen. Aus meiner Erfahrung erreichen gemischte Teams viel bessere Ergebnisse, weil unterschiedliche Ideen und Perspektiven berücksichtigt werden.
Wie ist Diversity in Ihrem Unternehmen verankert?
Vielfalt ist nicht nur Teil der Konzerngrundsätze, des Führungsmodells und des Verhaltenskodex, sondern auch fest in unserer Konzernstrategie 2030 „NEW AUTO – Mobility for Generations to come“ verankert. Wir denken Vielfalt also in alle Richtungen. Unsere Überzeugung ist: Diversität ist nicht mehr nur ein weicher Erfolgsfaktor, sondern ein businessrelevanter Mehrwert und unabdingbar für die Transformation unseres Konzerns – weltweit. Mit unserer Diversity-Strategie verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz. Mit „Diversity Wins“ haben wir ein konzernweites, verpflichtendes Sensibilisierungsprogramm für Führungskräfte initiiert. Ziel ist es, dass Manager aller Ebenen befähigt werden, neue Perspektiven und Kompetenzen in ihren Teams zu erkennen und dadurch eine effizientere und innovative Zusammenarbeit fördern.
Haben Sie ein Role Model, das Sie besonders beeindruckt (hat)?
Nein, ein Vorbild habe ich nicht. Es gibt viele Menschen mit verschiedenen Berufen und Berufungen, die mich auf unterschiedliche Art und Weise beeindrucken: Sei es durch ihren Mut, Beharrlichkeit, Aufrichtigkeit oder dem Festhalten an ihren persönlichen Werten. So nehme ich aus den vielen Kontakten im beruflichen und privaten Umfeld immer wieder was mit. Das ist meine persönliche Inspiration.
Was würden Sie angehenden Absolventinnen auf der Schwelle zum Berufseinstieg raten, um einen ersten Job zu bekommen, der sie glücklich macht?
Wählen Sie einen Arbeitgeber aus, der in seiner DNA zu ihrem Wertekorsett passt und eine Unternehmenskultur mit persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Bleiben Sie immer neugierig und haben Sie den Mut, auch neue Wege einzuschlagen. Und natürlich muss man sich in seinem Job auch wohlfühlen. Nur dann kann das maximale Potenzial entfaltet werden.
Welche Mitarbeiter:innen suchen sie?
Die Automobilindustrie wird sich in den nächsten 5 Jahren mehr verändern als in den 50 Jahren zuvor. Kundenbedürfnisse, Märkte, neue Produkte, Arbeitswelten und das Wettbewerbsumfeld wandeln sich bereits heute sehr schnell. Eins ist sicher: Dafür braucht es Experten mit den unterschiedlichsten Fähigkeiten und Erfahrungen. Mich persönlich überzeugen Talente, die an die Innovationskraft großer Ideen glauben, die Außergewöhnliches schaffen wollen und bereit sind, völlig neue Wege zu gehen und dabei keine Angst haben, auch mal Fehler zu machen.
Zum Schluss mal alle Jobfragen beiseite: Was tun Sie, um so richtig abzuschalten?
Das sind eine Menge Dinge. Richtig abschalten kann ich, wenn ich in Bewegung bin: Beim Fahrradfahren, beim Wandern, bei der Gartenarbeit. Besondere Freude machen mir unsere Gourmet-Reisen mit Freunden und der Familie. Für diese kochen mein Mann und ich auch gerne gemeinsam. Dann und wann darf es aber auch mal richtig gemütlich werden, mit Buch und Katzen auf dem Sofa.
Dr. Christiane Eckert kam 2005 zur Volkswagen AG und hat seitdem verschiedene Führungspositionen und Aufgaben im Konzern übernommen. Ab 2018 übernahm sie die Leitung des Bereiches „Produktionsstrategie und Umwelt“ der Konzern Produktion. In dieser Funktion verantwortet sie die konzernweite Steuerung der Produktionsstrategie und den Umweltschutz in der Produktion des Volkswagen Konzerns. Zudem ist sie Mitglied des Strategic Councils for Advanced Manufacturing des World Economic Forums.
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