Die Auslagerung staatlicher Kontrollaufgaben an Wirtschaftsprüfungsgesellschaften wirft komplexe Fragen auf. Prof. Dr. Dirk Hachmeister von der Universität Hohenheim erklärt, unter welchen Bedingungen eine solche Zusammenarbeit sinnvoll ist und welche Rolle der Staat dabei übernehmen muss. Er zeigt auch, wie die Universität Hohenheim ihre Studierenden praxisnah auf Entwicklungen wie KI, Nachhaltigkeitsprüfung und Kooperationen mit WPG vorbereitet.
Ist es für Sie vorstellbar, dass in Zukunft immer mehr Bereiche staatlicher Kontrollinstitutionen an private WP-Unternehmen ausgelagert werden?
Gehen wir nun von einer vorhandenen Regulierung aus, so gilt für mich der Grundsatz der Subsidiarität, dh., der Staat sollte die Aufgaben übernehmen, wenn die Privatwirtschaft überfordert ist. Um die grundsätzliche Funktionsfähigkeit der (Kapital‑)Märkte zu sichern, sollte der Staat eine Finanzmarktaufsicht übernehmen. Diese wird bei Bedarf Wirtschaftsprüfungsgesellschaftern (WPG) heranziehen. Allerdings müssen Aufsichtsbehörden selbst auch über ein sehr gutes Know-how verfügen: Sie müssen zum einen die konkreten Aufträge an die WPG beurteilen, zum anderen muss der Staat weiterhin in der Lage sein, eine allgemeine Aufsicht über die WPG auszuüben. Insofern ist Out-sourcing keine Einbahnstraße.
Zudem sind einige Rahmenbedingungen zu beachten: Zum einen muss die Marktstruktur bei WP-Dienstleistungen einen Qualitätswettbewerb zwischen ausreichend Anbietern erlauben, zum anderen muss eine Überregulierung vermieden werden. Hier sollte man das Augenmaß bei der Gesetzgebung nicht verlieren, auch wenn für WPG (und andere) damit neue Geschäftsmodelle entstehen.
Die Universität Hohenheim wurde zu einer der besten des Landes gekürt. Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Studierenden auch in der Lehre und der Forschung an Ihrem Institut schon mit den aktuellen Entwicklungen in der Praxis vertraut gemacht werden?
Die Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hohenheim kann mit ihren vielen Professuren relativ schnell auf aktuelle Entwicklungen wie Nachhaltigkeit oder KI reagieren. Darüber hinaus nutzen wir die Möglichkeiten einer kleinen Universität (die Universität Hohenheim hat nur drei Fakultäten) mit kurzen Wegen für Kooperationen zwischen den Fakultäten, um für die Studierenden ein attraktives Angebot, zum Beispiel in Sachen Nachhaltigkeit, anzubieten.
Auf der Ebene des Instituts für Financial Management arbeiten wir seit vielen Jahren mit Lehrbeauftragten aus WPG zusammen. Die jeweiligen Personen sind „handverlesen“, bei den WPG achten wir auf Ausgewogenheit. So sind nicht nur die Big 4, sondern auch Stuttgarter „Lokalgrößen“ vertreten; wichtig sind uns aber die Personen, weniger die Gesellschaften. In den BSc.- und MSc-Vorlesungen zur Wirtschaftsprüfung hat die Bedeutung der KI und Fragen der Nachhaltigkeit(sprüfung) in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Da wir die Personen gezielt ansprechen, können wir auch Einfluss nehmen auf die Inhalte. Praxisprojekte mit WPG ergeben sich regelmäßig in den Seminaren, die wir mit Fallstudien ergänzen, aber insb. durch die Vergabe der Abschlussarbeiten. Zum Nutzen der Studierenden, der WPG und des Instituts konnte über letzten Jahre ein intensiver Austausch geschaffen werden.

Prof. Dr. Dirk Hachmeister leitet seit April 2003 das Fachgebiet „Rechnungswesen und Finanzierung“ an der Universität Hohenheim. Von April 2010 bis Oktober 2017 war er Dekan seiner Fakultät. Schwerpunkte in Forschung und Lehre sind „Unternehmensbewertung“, „Konzernrechnungslegung nach HGB und IFRS“, „Rechnungslegung von Finanzinstrumenten nach HGB und IFRS“ sowie „Zusammenhänge von Globaler Mindestbesteuerung und (IFRS)-Rechnungslegung“.
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