Wie verbindet man 30 Jahre Erfahrung mit den Anforderungen von morgen? Dr. Alexandra Kohlmann, Geschäftsführerin der ROWE-Gruppe, erklärt, wie ein traditionsreiches Familienunternehmen durch Innovation und Nachhaltigkeit wettbewerbsfähig bleibt. Ob biosynthetische Motoröle, hochmoderne Produktionsstätten oder die Verbindung von Motorsport und Nachhaltigkeit – hier entstehen Lösungen für eine Welt im Wandel. Ein spannender Einblick in die Industrie der Zukunft und die Rolle, die Berufseinsteiger:innen darin spielen können.
ROWE steht als Familienunternehmen vor der Herausforderung, Tradition und Innovation in Einklang zu bringen. Welche technologischen oder strategischen Entwicklungen sind für Sie besonders wichtig, um das Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen?
Unser Vorteil: Innovation hat bei ROWE Tradition. Wir entwickeln schon seit 30 Jahren Schmierstoffe auf höchstem Niveau. Unsere Produkte sind essenziell für Maschinen und Motoren. Solange es Maschinen und Motoren gibt, wird es auch Bedarf an unseren Schmierstoffen geben. Unser Ziel ist es, diese so wirksam, effizient und nachhaltig wie möglich zu gestalten. Deshalb setzen wir gezielt auf Forschung und Entwicklung, um auch Produkte mit weniger fossilen Rohstoffen und besserer Umweltbilanz zu entwickeln. Bestes Beispiel hierfür ist unsere Sunspeed-Reihe – Motoröle auf biosynthetischer Basis. Der Markt dafür ist noch klein, aber er wächst, und wir investieren, weil wir überzeugt sind, dass nachhaltige Schmierstoffe in Zukunft eine entscheidende Rolle spielen werden. Auch in der Produktion setzen wir auf Innovation: Wir haben eine der modernsten Produktionsstätten Europas mit hohem Automatisierungsgrad und effizienten Prozessen, die Energie und Material sparen.
Das alles erfordert stetig neue Ideen. Wir brauchen Menschen, die technische Neugier mitbringen, Bestehendes hinterfragen und mutig sind, auch unkonventionelle Wege zu gehen. Gerade für Berufseinsteiger:innen gibt es viele Möglichkeiten, sich einzubringen – sei es in der Produktentwicklung, in der Optimierung unserer Produktionsprozesse, in digitalen Projekten, aber auch in den verschiedensten Aufgaben in unserer Verwaltung. Wir setzen auf frische Perspektiven und geben jungen Talenten die Chance.
Nachhaltigkeit spielt eine immer größere Rolle in der Industrie. Welche konkreten Maßnahmen setzt ROWE um, um ökologische Verantwortung mit wirtschaftlichem Erfolg zu verbinden?
Für uns ist Nachhaltigkeit kein Nice-to-have, sondern eine Notwendigkeit. Ressourcen werden knapper, regulatorische Anforderungen steigen und Kunden erwarten umweltfreundliche Produkte – ohne Kompromisse bei der Leistung. Wer es schafft, Nachhaltigkeit und Effizienz zu verbinden, ist langfristig wettbewerbsfähiger. Ein zentrales Beispiel dafür ist unsere Produktion. Wir nutzen die Abwärme unserer Kessel nicht nur für unsere Produktionsprozesse, sondern auch zur Beheizung unserer Hallen. Das spart Energie und macht uns unabhängiger von externen Versorgungsquellen. Auch unsere Logistik ist so aufgestellt, dass wir Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette minimieren. Ein Beispiel hierfür: Indem wir unsere Gebindeverpackungen selbst herstellen, reduzieren wir Transportwege und senken unseren CO₂-Fußabdruck erheblich.
Ein Bereich, der oft überrascht, ist unser Motorsport-Engagement. Rennsport und Nachhaltigkeit scheinen auf den ersten Blick nicht zusammenzupassen, aber unsere Rennfahrzeuge sind fahrende Testlabore. Dort erproben wir neue Formeln unter extremen Bedingungen und gewinnen wertvolle Erkenntnisse für unsere Serienprodukte. Nachhaltigkeit bedeutet für uns nicht, auf Leistung zu verzichten, sondern Prozesse und Produkte intelligenter zu gestalten.
„Für uns ist Nachhaltigkeit kein Nice-to-have, sondern eine Notwendigkeit.“
Sie wurden mehrfach für Ihr unternehmerisches Engagement ausgezeichnet. Welche konkreten Schritte halten Sie für notwendig, um mehr Frauen in Führungspositionen der Industrie zu bringen?
Frauen in Führungspositionen sind in der Industrie leider noch immer die Ausnahme. Das liegt bei Weitem nicht an fehlender Qualifikation, sondern oft an fehlenden Strukturen, die eine Karriere über verschiedene Lebensphasen hinweg möglich machen. Wer als Frau in eine Führungsposition kommen will, braucht daher nicht nur fachliche Kompetenz, sondern auch Zugang zu den richtigen Netzwerken und Mentor:innen, die helfen, klare Entwicklungspfade aufzuzeigen und die Frauen entlang dieses Weges entsprechend zu fördern.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie wichtig es ist, Vorbilder zu haben. Deshalb engagiere ich mich in der Initiative „FRAUEN unternehmen“, um jungen Frauen zu zeigen, dass eine Karriere in der Industrie nicht nur möglich, sondern hoch spannend ist. Es braucht gezielte Programme zur Förderung, sichtbare Role Models und eine Unternehmenskultur, die Leistung unabhängig vom Geschlecht erkennt und fördert.
Besonders wichtig ist dabei ein Umdenken in den Unternehmen selbst. Strukturelle Hürden wie starre Arbeitsmodelle oder unklare Karrierewege müssen abgebaut werden. Erfolgreiche Unternehmen setzen bereits heute darauf, flexible Modelle anzubieten und Frauen gezielt zu fördern. Diversität macht Unternehmen erfolgreicher.
„Wer mit Kompetenz, Selbstbewusstsein und Beharrlichkeit auftritt, kann viel bewegen – für sich selbst und für andere Frauen, die nachfolgen.“
Als erfolgreiche Unternehmerin und Führungskraft in einer oft männerdominierten Branche: Welche Hürden haben Sie selbst erlebt – und was würden Sie jungen Frauen raten, die eine ähnliche Karriere anstreben?
Ich habe gelernt, dass man sich nicht verunsichern lassen darf. Kritiker und Zweifler gibt es immer. Lasst euch davon nicht beirren. Erfolg kommt durch Leistung und Beharrlichkeit, und es ist wichtig, sich nicht selbst in Frage zu stellen, nur weil man in einem Meeting die einzige Frau ist. Deshalb rate ich anderen Frauen, sichtbar zu sein. Meldet euch zu Wort. Sagt eure Meinung. Sucht euch Mentor:innen, sowohl männliche als auch weibliche, die euch fördern und unterstützen. Networking ist essenziell, um euch auszutauschen, zu beraten, zu bestärken. Um Chancen zu erkennen und wahrzunehmen. Und noch ein kleiner Insider-Tipp: Es gibt immer informelle Strukturen, in denen Entscheidungen getroffen werden. Wer nicht Teil davon ist, bleibt außen vor.
Natürlich ist die Wahl des Arbeitgebers entscheidend für den eigenen Karriereweg. Viele Unternehmen sprechen von Gleichstellung, aber ob sie tatsächlich gelebt wird, merkt man oft erst im Alltag. Ich empfehle jungen Frauen, genau hinzusehen: Wie divers sind die Führungsebenen? Werden Frauen gezielt gefördert oder nur als Aushängeschild genutzt? Gibt es flexible Arbeitsmodelle, die eine echte Vereinbarkeit von Karriere und Privatleben ermöglichen? Wer hier die richtigen Fragen stellt, kann oft schon früh erkennen, ob ein Unternehmen wirklich offen ist für Vielfalt oder ob es sich nur um schöne Worte handelt. Aber das Entscheidende ist, sich nicht entmutigen lassen. Wer mit Kompetenz, Selbstbewusstsein und Beharrlichkeit auftritt, kann viel bewegen – für sich selbst und für andere Frauen, die nachfolgen.
Welche Eigenschaften oder Fähigkeiten sollten Nachwuchstalente mitbringen, um bei ROWE erfolgreich zu sein – und welche Möglichkeiten bietet Ihr Unternehmen, um Talente gezielt zu fördern?
ROWE ist ein mittelständisches Unternehmen mit flachen Hierarchien und schnellen Entscheidungswegen. Wer hier erfolgreich sein will, sollte vor allem Eigeninitiative, technisches Interesse und die Bereitschaft mitbringen, Verantwortung zu übernehmen. Unsere Produkte sind spezialisiert und technisch anspruchsvoll. Deshalb suchen wir Menschen, die Freude daran haben, sich in komplexe Themen einzuarbeiten und innovative Lösungen zu entwickeln.
Wir setzen nicht auf starre Karrierewege, sondern auf individuelle Entwicklung und Förderung – auch mithilfe unserer eigenen ROWE Academy. Wer sich engagiert und gute Ideen hat, bekommt bei uns schnell die Möglichkeit, eigene Projekte voranzutreiben. Entscheidend ist nicht, welchen Titel jemand trägt, sondern welchen Beitrag er oder sie für ROWE leistet.
Wir brauchen Menschen, die über den deutschen Markt hinausblicken, weil unsere Kunden weltweit sitzen. Internationalität gehört zu unserem Geschäft. Wer bei uns arbeitet, sollte dementsprechend offen für neue Märkte und Kulturen sein. Wir sind der festen Überzeugung, dass Innovationen nicht aus starren Strukturen entstehen, sondern aus Kreativität, Mut und der Bereitschaft, neue Wege zu gehen.

Dr. Alexandra Kohlmann studierte technologie- und managementorientierte Betriebswirtschaftslehre an der TU München mit Schwerpunkten in Controlling und Human Resources und promovierte zum Thema Unternehmensnachfolge in Familienunternehmen. Seit 2016 ist sie Mitglied der Geschäftsleitung der ROWE-Gruppe und wurde 2018 Geschäftsführerin. Anfang 2024 übernahm sie nach der Übergabe durch ihren Vater die Unternehmensführung und wurde von der Nachfolgerin zur Unternehmerin. Sie setzt sich besonders für Nachhaltigkeit, Digitalisierung, moderne Führung und Female Empowerment ein und hat 2022 eine Ausbildung zur Systemischen Coach und Change Managerin abgeschlossen.
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