Karriere für Absolventinnen: Arbeitgeber und ihre Strategien für mehr weibliche Führungskräfte
Es gibt vor allem zwei Gründe, warum Unternehmen sich des Themas Gender Diversity annehmen. Zum einen sorgt die Politik dafür, rein von Männern geführte Firmen regulatorisch unter Veränderungsdruck zu setzen. Zum anderen bedeutet die demographische Entwicklung, dass Unternehmen sich schlicht nicht mehr leisten können, dass weibliche Mitarbeiter nicht ausreichend an die Company gebunden werden. Was tun Arbeitgeber aber konkret, um weibliche High Potentials zu gewinnen, zu fördern und an sich zu binden? Welche Strategien nutzen Arbeitgeber, um Frauen zu umwerben?

Role Model-Strahlkraft
Die AWS Systemtechnik GmbH setzt laut eigener Aussage auf Vielfalt und Gleichberechtigung, wobei Mitarbeiter:innen unabhängig vom Geschlecht bewertet werden. Es gibt im Unternehmen flexible Arbeitszeitmodelle und aktive Unterstützung für Frauen, insbesondere bei Führungspositionen. Obwohl diese momentan überwiegend von Männern besetzt seien, zeigten sich positive Ergebnisse durch gezielte Förderung von Mitarbeiterinnen. Vor Allem die Work-Life-Balance werde geschätzt, da flexible Arbeitszeiten ermöglichen, Familie und Beruf zu vereinbaren.
Es werde hierbei zum Beispiel nicht negativ betrachtet, wenn der morgendliche Kindergartenstress etwas mehr Zeit in Anspruch nimmt oder auch, wenn ein alleinerziehender Vater mal früher gehen muss, um sein Kind von der Schule abzuholen. Zudem werde die Rolle von Frauen im Unternehmen gestärkt, wobei AWS die Role Model-Strahlkraft von verschiedenen Mitarbeiter:innen aktiv unterstütze. Es gebe viele starke Frauen im Unternehmen, die durch ihre Vielfältigkeit und Leistungen beeindrucken, sei es durch soziales Engagement, Aktivismus für Frauenrechte oder berufliche Weiterentwicklung neben dem Job. Diese Frauen verkörpern laut AWS Female Empowerment auf vielfältige Weise und stärken das Unternehmen.
Bekämpfung stereotyper Denkmuster
Bei PwC Deutschland stehe der Einsatz für Geschlechtergleichheit und die Schaffung eines inklusiven Arbeitsumfelds im Mittelpunkt. Verschiedene Initiativen wie Frauennetzwerke, Mentoringprogramme und flexible Arbeitszeitmodelle spielten dabei eine entscheidende Rolle. Die Frauennetzwerke bei PwC Deutschland dienten als Plattform für Erfahrungsaustausch, Unterstützung und fachliche Weiterentwicklung. Diese Netzwerke seien selbstorganisiert und bieten den Mitarbeiterinnen die Möglichkeit, sich zu vernetzen und gegenseitig zu unterstützen. Sie seien Teil einer umfassenden Inklusions- und Diversitätsstrategie, die darauf abzielt, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem sich jede:r willkommen und wertgeschätzt fühlt. Die Mentoring- und Coaching-Programme von PwC Deutschland sollen den Mitarbeiterinnen die Möglichkeit bieten, von erfahrenen Führungskräften zu lernen und sich persönlich weiterzuentwickeln. Diese Programme hätten sich als äußerst erfolgreich erwiesen und trugen dazu bei, dass Frauen in Führungspositionen gefördert werden und ihr volles Potenzial entfalten können.

Darüber hinaus bietet PwC Deutschland flexible Arbeitszeitmodelle an, die es den Mitarbeitenden ermöglichen, ihre Arbeitszeit entsprechend ihren individuellen Bedürfnissen zu gestalten. Dies umfasse unter anderem die Möglichkeit von Teilzeit- und Homeoffice-Arrangements, die es den Mitarbeitenden erleichtern, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren. Für PwC Deutschland sei es strategisch wichtig, als Arbeitgeber für Frauen attraktiv zu sein, um eine vielfältige Belegschaft zu gewährleisten und den demographischen Herausforderungen entgegenzuwirken. Chancengleichheit, eine inklusive Unternehmenskultur und gezielte Maßnahmen zur Förderung von Frauen seien dabei entscheidende Faktoren. Eine herausragende weibliche Führungskraft bei PwC Deutschland ist Daniela Hanauer. Mit über 20 Jahren Erfahrung in der Beratung und ihrer Leidenschaft für Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung agiert sie als Role Model in der Organisation. Als Gründerin und Host markanter Netzwerke, ihrem Engagement und ihren Leadership-Qualitäten inspiriert sie nicht nur ihre Kolleg:innen, sondern wirkt über PwC hinaus.
Frauenanteil im Vorstand bei 40 Prozent
Mercedes-Benz hat sich 2006 das Ziel gesetzt, den Anteil von Frauen in leitenden Positionen bis 2020 weltweit auf 20 Prozent zu erhöhen, was auch erreicht wurde. Der aktuelle Frauenanteil in solchen Positionen betrage fast 25 Prozent, bei einer Zielsetzung von 30 Prozent für das Jahr 2030. Im Vorstand liege der Frauenanteil bei fast 40 Prozent. Das Unternehmen fördert Frauen von Anfang an, beteiligt sich an Berufsinformationstagen und dem „Zukunftstag“, um Interesse an technischen Berufen bei jungen Frauen zu wecken.
Bildungsinitiativen wie „Genius“ unterstützen Mädchen in Naturwissenschaften und Technologie. Informationsveranstaltungen für weibliche Nachwuchs- talente sowie Mentoring-Programme und Frauennetzwerke förderten die Entwicklung und den Austausch. Vielfältige Arbeitszeitmodelle und betriebliche Kinderbetreuungsangebote ermöglichten zudem eine Balance von Beruf und Privatleben. Mercedes-Benz engagiere sich für Diversity & Inclusion, um Talente unabhängig von Alter, ethnischer Herkunft und Nationalität, Geschlecht und geschlechtlicher Identität, körperlichen und geistigen Fähigkeiten, Religion und Weltanschauung, sexueller Orientierung sowie sozialer Herkunft anzuziehen und zu fördern.

Job-Sharing
Bei SWM gibt es die Initiative #25für25 zur Frauenförderung, die verschiedene Maßnahmen wie das Frauennetzwerk, Mentoringprogramme und Karriereentwicklungsangebote bündelt. Das Frauennetzwerk besteht seit 2015 und hat mittlerweile über 750 Teilnehmerinnen, auch Männer können als Allies beitreten. Von der Flexibilisierung der Arbeitszeit und des Arbeitsorts profitierten nicht nur Frauen, sondern auch Männer.
Als Arbeitgeber sei es auch für SWM strategisch wichtig, attraktiver für Frauen zu werden, um demographisch bedingten Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken.
Eine inklusive Unternehmenskultur, die Teilzeit und flexibles Arbeiten ermöglicht und gleichwertig betrachtet, sei entscheidend. Auch Modelle wie Job-Sharing und anpassbare Schichtpläne spielten dabei eine Rolle. Dr. Karin Thelen, seit Juli 2023 Geschäftsführerin bei SWM, sei mit ihrer langjährigen Erfahrung, ihrer Expertise als Biologin und MBA-Absolventin sowie ihrem Engagement in der Frauenförderung eine Inspirationsquelle für junge Frauen bei SWM.
Nachwuchskräfteführungsprogramm
Bei der Rheinbahn gibt es ein Frauennetzwerk, ein externes Mentoring-Programm und ein Nachwuchskräfteführungsprogramm, um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen. Die großzügige Homeoffice-Regelung erleichtere vielen Frauen die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Es gäbe keine speziellen Arbeitszeitmodelle nur für Frauen, da dies rechtlich fragwürdig wäre gemäß dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Die Erhöhung des Frauenanteils sei strategisch wichtig für die Rheinbahn. Faktoren, die einen Wettbewerbsvorteil bieten, seien flexible Arbeitszeiten, eine vertrauensvolle Arbeitsatmosphäre und empathische Führungskräfte, die sensibel auf Herausforderungen wie Care-Arbeit und Vereinbarkeit eingehen und gemeinsam Lösungen finden.
Reverse Mentoring
Bei Sparda-Berlin befinde sich das Frauennetzwerk noch in der Findungsphase, während ein Pilotprojekt zum Reverse Mentoring laufe. Flexibilität werde hier durch Teilzeitmöglichkeiten gewährleistet, und es gebe Pläne zur weiteren Reduzierung der Arbeitszeit. Paritätische Besetzung in Führungspositionen und die Anwendung des Gender-Decoders bei Stellenausschreibungen seien strategische Ansätze der Sparda-Berlin, um als attraktiver Arbeitgeber für Frauen wahrgenommen zu werden. Die Bereichsleiterin Simone Endres, leitet beispielsweise mit Anfang 30 bereits den Bereich Corporate Real Estate Management und demonstriert somit die Chancen für Frauen, in Führungspositionen aufzusteigen.

Individuelle Förderung
Wiktoria Kleindienst, Vorständin der Digitalagentur dc AG, betont die Bedeutung von Frauenförderung und Inklusion in ihrem Unternehmen. Sie haben eine Kooperation mit FemTential gestartet, einer Initiative zur Förderung von Frauen in der IT-Branche, was die Bedürfnisse des Mittelstands widerspiegelt. Als Arbeitgeber strebten sie danach, attraktiv für Frauen zu sein, um die demographisch bedingte Arbeitskräftelücke zu verringern. Gleichberechtigung, Flexibilität und individuelle Förderung seien zentrale Anliegen.
Ihr Ansatz basiere auf „Holacracy“, einem Konzept für agiles Organisieren, welches kein Gender Gap zulasse und Chancengleichheit fördere. Wiktoria betont, dass es Frauen wichtig ist, nicht nur Gleichberechtigung zu lesen, sondern sie auch zu erleben. Flexibilität, besonders für Mütter, ist entscheidend. Wiktoria selbst betrachtet sich als potenzielle Role-Model-Figur für junge Absolventinnen und betont die Bedeutung von #girlpower für den Erfolg in der Welt. Sie stehe für Gespräche und Engagement zur Verfügung, um Frauen zu inspirieren und zu unterstützen.
Mentorinnenkonzepte
Auch bei der Archer Daniels Midland Company gibt es seit zwei Jahren Frauennetzwerke, Mentorinnenkonzepte und flexible Arbeitszeitmodelle, die auf positive Rückmeldungen stoßen. Die Förderung von Frauensei auch für ADM strategisch wichtig. Auf globaler Ebene hätten alle Führungskräfte das Ziel der Geschlechterparität in ihren Zielen verankert. Dabei betont ADM, dass die Auswahl aufgrund von fachlicher und persönlicher Eignung erfolge. Jeder Bewerber erhalte eine faire Chance und müsse sich im Interview beweisen, unabhängig vom Geschlecht.
Teilzeitverträge auf Management-Ebene
Bei der 3DSE Management Consultants GmbH gibt es Teilzeitverträge bis hin zu Manager-Positionen. Ein Mentoringprogramm speziell für Frauen sowie Trainings für Frauen sind ebenfalls vorhanden. Zudem gibt es eine interne Informationsseite mit Frauennetzwerken für Interessierte. Die Attraktivität als Arbeitgeber für Frauen sei für 3DSE strategisch wichtig, um der demographisch bedingten Arbeitskräftelücke entgegenzuwirken. Vielfältige Teams werden laut eigener Aussage von ihren Kunden geschätzt.
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