KI-Tools entwickeln sich rasant. Wie kann ich mich als Studierender bereits im Studium darauf vorbereiten, dass die Wirtschaftsprüfung höchstwahrscheinlich in ein paar Jahren vollkommen anders aussehen wird als heute? Prof. Dr. Jan Breitweg, Professor an der DHBW Stuttgart, gibt uns gemeinsam mit Dilara Akcadag, Studierende im Studiengang RSW eine Einschätzung über die Rolle von KI in der Wirtschaftsprüfung der Zukunft.
Zunächst ist die Frage zu klären, was unter der künstlichen Intelligenz zu verstehen ist. Künstliche Intelligenz (KI) umfasst verschiedene Anwendungen, bei denen Maschinen in der Lage sind, menschen-ähnliche Intelligenzleistungen zu erbringen. Dazu gehört beispielsweise das maschinelle Lernen. Maschinelles Lernen bedeutet, dass ein Computer Daten analysiert, aus Mustern und Beispielen lernt und basierend auf diesen Erkenntnissen Vorhersagen für die Zukunft erstellt.
Die automatisierte Datenanalyse und -verarbeitung in der Wirtschaftsprüfung, unterstützt durch KI, verspricht eine höhere Qualität der Bilanzprüfungen und eine verbesserte Identifizierung von Risiken und Unregelmäßigkeiten. So wird beispielsweise aktuell eine innovative Lösung zur automatisierten Prüfung von Verträgen durch den Einsatz von Text- und Bildanalyse entwickelt. Die KI bringt aber auch in der traditionellen Belegprüfung bedeutende Veränderungen mit sich. Durch den Einsatz künstlicher Intelligenz ist es möglich, automatisch Stichproben von Belegen auf mögliche Unregelmäßigkeiten zu untersuchen und den Prüfer bei Bedarf zu benachrichtigen. Auch für die Wirtschaftsprüfer wird es auskunftsgemäß eine Art „ChatGPT“ geben. So arbeiten bereits einzelne Wirtschaftsprüfungsgesellschaften daran, einen virtuellen Assistenten mit einem intelligenten Chatbot zu entwickeln, um in Zukunft Fragen zur Rechnungslegung automatisch zu beantworten.
Viele Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gehen davon aus, dass die KI dabei helfen kann, Bilanzmanipulationen, wie etwa bei Wirecard schneller aufzudecken. In den kommenden Jahren soll der Einsatz von KI eine neue Qualität und Sicherheit in der Prüfung von Jahresabschlüssen ermöglichen. Mit dem Fortschreiten der technologischen Entwicklung wird sich die Rolle der Wirtschaftsprüfer somit drastisch verändern.
Der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer befindet sich in einem kontinuierlichen digitalen Wandel. Neben ihrer Expertise in der ganzheitlichen und risikoorientierten Analyse von Unternehmen wird es vor allem entscheidend sein, dass sie über Kenntnisse im Umgang mit den neuen KI-Systemen verfügen und diese weiterentwickeln können. In der Branche herrscht Einigkeit darüber, dass die Digitalkompetenz in der heutigen Ausbildung noch zu wenig Beachtung findet. Es wird immer wichtiger, dass Wirtschaftsprüfer die Fähigkeit besitzen, die Potenziale der digitalen Technologien zu verstehen und effektiv einzusetzen, um den stetig wachsenden Anforderungen gerecht zu werden.
Aus diesen Gründen ist es von großer Bedeutung, zukünftigen Wirtschaftsprüfern die Grundlagen der Informatik und Statistik, sowie der Analyse von digitalen Geschäftsmodellen zu lehren. Zusätzlich zu den traditionellen Wirtschaftsprüfern werden in Zukunft verstärkt IT-Kenntnisse, Kenntnisse in Data Science und in der Mathematik gefragt sein, um die Prüfungsleistung mit interdisziplinärem Know-how zu optimieren.
Mehr zum Thema KI in der Wirtschaftsprüfung kannst du im Interview mit Professor Dr. Dietmar Fink nachlesen.
Auch die Wirtschaftsprüferkammer definiert klare Anforderungen, die von Wirtschaftsprüfern erfüllt werden sollten. Diese beinhalten vor allem eine starke IT-Affinität. Darüber hinaus ist die Fähigkeit zum analytischen und strukturierten Denken von großer Bedeutung, um komplexe Sachverhalte angemessen zu erfassen und zu bewerten. Ein Interesse an wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhängen ist ebenfalls unabdingbar, da dies ein umfassendes Verständnis der geprüften Unternehmen und ihrer Umgebung ermöglicht. Zudem wird von Wirtschaftsprüfern erwartet, dass sie sich für Rechnungslegungs- und Bilanzierungsthemen interessieren und eine gute Auffassungsgabe besitzen, um komplexe Finanzdaten schnell zu erfassen.
Ein Ansatz der Hochschule ist es, die Lehrpläne darauf auszurichten, um – neben der Vermittlung von Kenntnissen der Rechnungslegung und des klassischen Prüfungswesens – auch insbesondere die Integration von Technologien wie Blockchain, Business Data Analytics und künstlicher Intelligenz zu berücksichtigen.
Diesen Ansatz verfolgt der Studiengang Rechnungslegung, Steuern und Wirtschaftsrecht (RSW) an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in der Studienrichtung Wirtschaftsprüfung konsequent. So wurde die DHBW durch die Redaktion des „manager magazin“ jüngst bereits zum zweiten Mal hintereinander als Deutschlands beste Hochschule für angewandte Wissenschaften für Nachwuchskräfte im Bereich des wirtschaftsprüfenden Berufsstands im Fach Wirtschaftsprüfung ausgezeichnet.
Prof. Dr. Jan Breitweg, Studiendekan und Studiengangsleiter DHBW Stuttgart beantwortete die Frage gemeinsam mit Dilara Akcadag, Studierende im Studiengang Rechnungslegung, Steuern Wirtschaftsrecht (RSW) Studienrichtung Wirtschaftsprüfung.