Wie schätzen Sie die Perspektiven der WP-Consulting-Einheiten gegenüber den klassischen Unternehmensberatungen ein?
Beide Typen bieten erhebliche Karrierechancen, gelten konjunkturabhängiger als das Prüfungsmetier und unterscheiden sich hinsichtlich Regulierung und Fokus. Gegenüber klassischen Unternehmensberatungen sind Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (WPGen) in der Akquise von Beratungsaufträgen einerseits privilegiert. Sie haben aufgrund früherer und bestehender Prüfungsmandate einen möglichen Erfahrungs- und Vertrauensvorsprung, um Beratungsleistungen anbieten. Andererseits bestehen gerade bei Prüfungsmandaten von öffentlichem Interesse erhebliche Einschränkungen der parallelen Erbringung von Prüfungs- und Nichtprüfungsleistungen aus vermeintlich einer Hand durch WPGen. Beide Effekte würden durch eine klare Aufspaltung von Prüfungs- und Beratungsgeschäft der WPGen – sei sie von wirtschaftlichen Erwägungen getrieben oder künftig vielleicht durch Regulierung erzwungen – sublimieren. Dies dürfte den Wettbewerb in Teilen des Beratungsmarkts erhöhen.
Absolvent:innen sollten in den Restriktionen paralleler Beratung kein ernsthaftes Hemmnis sehen, den Berufseinstieg in einer Consulting-Einheit einer WPG zu wählen. Erstens beraten WPGen nicht nur Prüfungsmandanten, sondern vielfältig und umfangreich andere Kunden. Daher dürften sich gerade für Berufseinsteiger kaum essentielle Einschränkungen ihrer Tätigkeit ergeben. Zweitens sind heutige Karrierepfade eher von Diversität denn vom Verweilen in dem Unternehmen geprägt, das zum Berufseinstieg gewählt wurde. Nicht nur schillernde Namen der klassischen Consulting-Branche, sondern auch WPGen dienen dabei häufig als Sprungbrett. Klassisch liegen die fachlichen Stärken der Consulting-Einheiten der WPGen in der Transaktions- und Restrukturierungsberatung sowie in kapitalmarkt- und rechnungslegungsnahen Bereichen. Sie weiten sich zusehends aus.
Klaren Bedeutungszuwachs erfährt die Nachhaltigkeitsberatung samt der zugehörigen Berichterstattung. Hier können WPGen ihre Kompetenzen in der Berichterstattung und der Einrichtung von Reporting-Systemen ausspielen. Daraus resultiert ein Wettbewerbsvorteil gegenüber (nicht just auf Nachhaltigkeitsfragen spezialisierten) Unternehmensberatungen. Ob nun Consulting-Einheit einer WPG oder klassische Unternehmensberatung: Fachlich bedeutsam für den Berufseinstieg ist meines Erachtens, inwiefern das Spektrum (Breite) und die Spezialisierungen (Tiefe) der Beratungsleistungen zu den eigenen Kompetenzen, Interessen und Perspektiven passen.
Mehr zu unserem Karrierenetzwerk Wirtschaftsprüfung gibt es hier.
Prof. Dr. Michael Dobler ist Professor für Betriebswirtschaftslehre, insb. Wirtschaftsprüfung und Steuerlehre an der Fakultät Wirtschaftswissenschaften der Technischen Universität Dresden.