Insights: Frauennetzwerke, die unterstützen
Netzwerke können Frauen in den unterschiedlichsten Lebenslagen Rückhalt bieten: Vom Berufseinstieg über die Familienplanung bis hin zur erfolgreichen Gehaltsverhandlung – es gibt viele Themen, bei denen der Austausch untereinander sehr konkrete Vorteile haben kann. Welche das sind, erklären uns der Verband deutscher Unternehmerinnen e.V. (VdU) und Prof. Dr. Anja Seng von der Initiative für mehr Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR).
„Ein frauenfreundliches Unternehmen zeichnet sich durch lebensphasenorientierte Personal- und Karrierekonzepte aus.”
Was berichten die Mitgliederinnen vom VdU darüber, was derzeit die größten Herausforderungen für Frauen sind, Karriere zu machen?
Die Hindernisse für Frauen in der Wirtschaft lassen sich auf eine Vielzahl von miteinander verknüpften und sich gegenseitig verstärkenden Gründe zurückführen. Ein großes Hemmnis für die Karriere von Frauen beruht in erster Linie auf strukturellen Faktoren, welche die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erschweren. Dazu zählt zum Beispiel der mangelhafte Zugang zu ausreichender, qualitativer und bezahlbarer Kinderbetreuung. Und auch das Steuersystem setzt mit dem Ehegattensplitting und der Steuerklasse V finanzielle Fehlanreize, die sich hemmend auf den Erwerbsumfang auswirken. Ein weiterer Faktor liegt in der Wirtschaft selbst: Viele Unternehmen sind von einer weitestgehend männlich definierten Unternehmenskultur geprägt. Frauen sind in den ersten Führungsebenen weiterhin unterrepräsentiert. Dabei bevorzugen Frauen Unternehmen, in denen sie schon weibliche Vorbilder vorfinden – denn wir können nur werden, was wir erleben und uns vorstellen können. So darf der Einfluss von überholten Rollenbildern nicht unterschätzt werden, denn diese soziokulturellen Faktoren prägen die Positionierung zu Macht, Wohlstand und Selbstwirksamkeit von Frauen.
Der Verband deutscher Unternehmerinnen e. V. (VdU) vertritt seit 1954 als Wirtschaftsverband branchenübergreifend die Interessen von Unternehmerinnen in Politik und Gesellschaft. Seit 70 Jahren setzt sich der VdU für mehr weibliches Unternehmertum, mehr Frauen in Führungspositionen und bessere Bedingungen für Frauen in der Wirtschaft ein. In besonderem Maße zeichne sie die Verbindung von unternehmerischer Interessenvertretung und gleichstellungspolitischer Lobby aus.
Was für Events plant Ihr und was vermittelt Ihr?
VdU organisiert regelmäßig regionale und bundesweite Veranstaltungen, bei denen sich unsere Mitglieder persönlich begegnen und austauschen können. In unserem Gesprächsformat „VdU Tea Time“ bringen wir regelmäßig hochkarätige Politiker:innen und unsere Gäste zu einem Austausch über aktuelle politische Themen zusammen. Unser Wirtschaftsverband ist getragen von den persönlichen Kontakten zwischen Unternehmerinnen: Unser lebendiges Netzwerk und der generationsübergreifende Austausch unter Frauen mit ähnlichen unternehmerischen Herausforderungen das Herz des VdU. Unsere Events zahlen dabei auf unser Ziel ein: Der VdU möchte mehr Frauen für die unternehmerische Selbstständigkeit gewinnen, mehr Frauen in Führungspositionen bringen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen und Männer verbessern und Unternehmerinnen eine starke Stimme in Gesellschaft und Politik verleihen.
Was sind die drei wichtigsten Ratschläge für Absolventinnen, was sie bei der Karriereplanung berücksichtigen, u.v.a. worauf sie bei der Arbeitgeberwahl achten sollen?
Absolventinnen können darauf achten, ihre Bewerbungen an „frauenfreundliche“ Unternehmen zu richten. Ein frauenfreundliches Unternehmen zeichnet sich durch lebensphasenorientierte Personal- und Karrierekonzepte aus. Dazu gehört, Arbeitsstunden flexibel erhöhen oder verringern zu können sowie einen erleichterten Wiedereinstieg nach einer Auszeit zu ermöglichen. Dies ist insbesondere für Frauen wichtig, da sie bis heute immer noch mehr unbezahlte Sorgearbeit bei der Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen verrichten und deshalb auf flexiblere Rahmenbedingungen angewiesen sind. Auch Jobsharing, Topsharing oder Führung in Teilzeit bieten enorme Chancen für eine bessere Vereinbarkeit.
Wie finde ich eventuell außerhalb meines Unternehmens eine passende Mentorin für mich?
Die passende Mentorin findet man am besten über Mentoringprogramme. Die Käte Ahlmann Stiftung – 2001 von Unternehmerinnen des VdU ins Leben gerufen und benannt nach unserer Gründerin – hat es sich zum Ziel gemacht, junge Unternehmerinnen am Beginn ihrer Tätigkeit zu begleiten und zu fördern. Sollte man selbst nicht unternehmerisch tätig sein, sondern als Angestellte eine Mentorin suchen, so gibt es auch für diese Personengruppe eine Vielzahl von Angeboten: MentorMe ist das größte Mentoring-Programm für Frauen im deutschsprachigen Raum und FeMentor ist die erste Reverse Mentoring Plattform in Europa, hier gibt nicht nur die Mentorin ihr Wissen weiter, sondern auch die Mentees.
„Persönliche Ziele definieren und konsequent verfolgen”
Was berichten die Mitgliederinnen von FidAR darüber, was derzeit die größten Herausforderungen für Frauen sind, Karriere zu machen?
Unsere aktuelle Untersuchung, die sogenannte „Wirkungsanalyse“, zeigt, dass noch immer männerdominierte Strukturen und sexistisches Verhalten große Hürden für den Aufstieg von Frauen in Führungspositionen darstellen. Ein tatsächlich schwieriges Thema – denn diese Aspekte werden in der Regel nur von Frauen wahrgenommen, was es auch besonders herausfordernd macht, hier Änderungen zu erwirken. Gleichstellungsorientierte Unternehmenskulturen mit einer klaren Haltung seitens der Unternehmensleitung und daran ausgerichteten Maßnahmen sind hier ein wichtiger Schritt.
Was für Events plant Ihr und was vermittelt Ihr
Im letzten Jahr hat FidAR in ganz Deutschland knapp 100 Veranstaltungen durchgeführt – vom großen FidAR-Forum mit mehreren Hundert Teilnehmenden, über Seminare mit fachlichen Impulsen für die Tätigkeit in Aufsichtsgremien bis hin zu Netzwerktreffen. Die Events finden teilweise in Präsenz und teilweise Online statt – der Mix macht es unserer Erfahrung nach. So können sich die Mitglieder vor Ort persönlich kennenlernen und austauschen, sie haben aber auch die Möglichkeit, sich bundesweit zu vernetzen. Das Ziel von FidAR ist es, Parität in den Führungsetagen zu etablieren. Mithilfe verschiedener Studien schaffen wir Transparenz in Bezug auf den Status Quo, sprechen öffentlichkeitswirksam darüber und gestalten eine starke Netzwerkkultur – die Veranstaltungen sind ein wichtiges Bindeglied unserer vielfältigen Aktivitäten.
Prof. Dr. Anja Seng ist Professorin für BWL und Direktorin des Instituts für Public Management (ifpm) an der FOM Hochschule in Essen und Präsidentin von FidAR – Frauen in die Aufsichtsräte. Als Professorin, Moderatorin und Speakerin verbindet sie Praxisnähe und Wissenschaft. Sie verfügt über mehr als 25 Jahre Erfahrung an der Hochschule in Lehre, Forschung und Hochschulmanagement, die durch Industrieprojekte optimal ergänzt werden. Seit vielen Jahren setzt sich Anja Seng für gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen ein.
Was sind die drei wichtigsten Ratschläge für Absolventinnen, was sie bei der Karriereplanung berücksichtigen und worauf sie bei der Arbeitgeberwahl achten sollen?
Werde dir klar über deine persönlichen Ziele – wo willst du hin und was brauchst du dafür? Mache dir einen Plan, wie du an dieses Ziel kommen möchtest, welche fachlichen Erfahrungen du dafür benötigst und welche strategischen Allianzen hilfreich sein können. Sprich darüber, damit andere auch erfahren, was du willst! Und nicht zuletzt: Augen auf bei der Partnerwahl! Die Unternehmen bieten den Rahmen für die Karriere, machen muss sie am Ende aber jede Frau selbst.
Haben Sie Tipps, wie man sich als Frau in einer männerdominierten Branche behaupten kann?
Es bleibt bei der klaren Zielorientierung: bei sich bleiben und die persönlichen Ziele verfolgen. Strategische Verbündete suchen – sowohl innerhalb des Unternehmens als auch darüber hinaus. So kann man sich gegenseitig stärken und gegebenenfalls auch unterstützen, wenn es denn mal nötig ist.”
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